Das ERP der Zukunft – smart, intuitiv, attraktiv
Auch ERP-Lösungen wandeln sich, innovative Technologien wie Machine Learning oder künstliche Intelligenz halten Einzug. Doch die vom Smartphone verwöhnten Mitarbeitenden erwarten insbesondere in den Bereichen Usability und Flexibilität mehr von einem ERP-System.
Wer erinnert sich noch an seine erste Business-Software-Lösung? Auf dieser Seite des Bildschirms, damals Anfang der 1990er-Jahre als Mitarbeiter in der Industrie und Verantwortlicher für die Produktionsplanung, war es eine Branchenlösung, die auf einem AS400-System lief. Auf den IBM-Monitoren hatten sich über die Jahre die grünen Buchstaben ins Glas eingebrannt. Rückblickend könnte man die Unterstützung durch das damalige ERP-System als eine Art bessere Schreibmaschine betrachten. Die Einplanung der Fertigungsaufträge war dementsprechend arbeitsintensiv und fehleranfällig.
Zugegeben, die ERP-Branche war nie ein Innovationstreiber. Die Systeme entwickelten sich zusammen mit den Anforderungen der User. Das ERP muss funktionieren und Prozesse sowie Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette zuverlässig unterstützen – unspektakulär, aber essenziell. Die «smarten» ERP-Anbieter erkannten das früh und entwickelten sich und ihre Lösungen über die Jahre mit ihren Kunden immer weiter.
Die ERP-Anforderungen von morgen
Der Blick in den Rückspiegel ist immer einfacher als jener in die Zukunft. Das hier soll aber auch kein Blick in die Glaskugel werden, wie sich Business-Software-Lösungen entwickeln werden. Dafür genügt es, das Augenmerk auf die aktuellen Anforderungen und Wünsche der Anwenderinnen und Anwender zu legen.
Einfach, transparent, modern
Die kommende Generation definiert ihre Erwartungen an ERP-Systeme mit mehr als zehn Jahren Smartphone-Erfahrung. Einfache Bedienung, Cloud-Services, User Experience, Usability, Spracheingaben, Gestensteuerung, App-Feeling etc. sind Themen, denen sich ERP-Anbieter nicht mehr verschliessen können.
Ortsunabhängig, flexibel, smart
Auch wenn es in den Baby-Boomer-Chefetagen noch nicht alle wahrhaben wollen. Das Bedürfnis, ortsunabhängig, flexibel und smart zu arbeiten, verstärkt sich weiter. Dieses Verständnis der Generation Z schreit förmlich nach cloudnativen ERP-Lösungen. Dass die Software dabei mobile, responsive und mit Apps unterstützt zur Verfügung steht, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Dass Cloud Computing weiter zunimmt, zeigt auch ein Blick in den Rückspiegel beziehungsweise in den IT-Markt Report 2023 des Marktforschungsunternehmens Profondia, das 13 571 Schweizer Unternehmen befragt hat: Die Anzahl der Unternehmen mit einem Managed Service liegt bei 88 Prozent, und Cloud-Dienste nutzen 97 Prozent der befragten Unternehmen.
Effektiv, schnell, zuverlässig
Wer mit Monochrom-Monitoren ins ERP-Zeitalter startete, hat erlebt, dass sich die Lösungen zu regelrechten Monolithen entwickelt haben, mit immer noch mehr Modulen und Funktionen.
Aber diese verkapselten Monolithen haben ein Ablaufdatum. Das ERP entwickelt sich zum unverzichtbaren Datenhub, Anwender erwarten eine hohe Interoperabilität mit Drittsystemen. Sales- und Marketing-Automation, Projektmanagement, Social-Media-Integration, KI-Agenten und weitere Systeme müssen sich künftig zwingend mit dem ERP zu einem nahtlosen End-to-End-Prozess zusammenfügen. Dazu braucht es offene Standards (REST-API), und natürlich müssen Kernanwendungen wie auch Drittsysteme lückenlos und unabhängig voneinander releasefähig sein.
Attraktiv, transparent, schnell
Post- und Rechnungsverarbeitung, Spesen, Rapporte, Personaladministration etc. sind repetitive, arbeitsintensive, fehleranfällige und auch langweilige Aufgaben – und somit vor allem auch teuer. Ideale Voraussetzung also, um diese und viele weitere Aufgaben mit neuen technischen Möglichkeiten wie KI und ML zu automatisieren.
Aber nicht nur in der Administration, auch in der Fertigung hat künstliche Intelligenz (KI) längst Einzug gehalten und automatisiert die Prozesse in einer Vielzahl von Anwendungsfällen, etwa bei Predictive Maintenance, Qualitätskontrolle, Supply-Chain-Optimierung, personalisierter Produktion, Energie- und Ressourcenmanagement oder Produktlebenszyklusmanagement. Immer mit dem Ziel, die Entscheidungsfindung zu verbessern, die Effizienz zu steigern, Kosten zu senken und die Produktion zu optimieren.
KI als Chance, aber auch Gefahr
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Mit den neuen Technologien, insbesondere durch KI, steigt auch die Bedrohung durch Cyberattacken stetig. Cloud-Lösungen sind hier sicher im Vorteil, da sie oft professioneller gehostet und gewartet werden, als dies bei On-Premise-Lösungen im eigenen Unternehmen möglich ist. Die Schwachstelle ist aber nicht selten der Mensch. Hier kann KI etwa bei der Aus- und Weiterbildung unterstützen. Eine firmeninterne KI könnte beispielsweise Phishing-Attacken auf Mitarbeitende simulieren, deren Verhalten analysieren und die Erkenntnisse für individuelle Ausbildungsmodule zur Verfügung stellen.
Fazit
Die Business-Software-Landschaft der Schweiz bewegt sich klar in Richtung Cloud und SaaS, sie wird nachhaltiger, offener und flexibler. Die KI übernimmt dabei immer mehr Routineaufgaben und unterstützt Unternehmen sowie deren Mitarbeitende nachhaltig in der täglichen Arbeit.
Natürlich ist im Zusammenhang mit der Digitalisierung nicht alles disruptiv. Vollständige und konsequent digitalisierte End-to-End-Prozesse sind heute in vielen Bereichen möglich, aber noch lange nicht KMU-Realität. Dazu meinte ein Anbieter letzthin, bei den meisten Projekten gehe es noch sehr oft einfach um «Brot-und-Butter-Themen» …
Die Entwicklung von ERP-Systemen ist auch in Zukunft ein iterativer Prozess, genau wie die Entwicklung der Businessprozesse in Unternehmen. Neue technologische Möglichkeiten spiegeln sich an den Anforderungen der Anwender und umgekehrt. Der Fokus liegt dabei auf dem optimalen Einsatz von Technologie, nicht auf dem Maximum. So entstehen gut austarierte, soziotechnische Arbeitssysteme.