Best of Swiss Apps 2024: Das war der Jurytag
Die ersten Urteile sind gefällt. Am Jurytag von Best of Swiss Apps hat sich gezeigt, worauf die Jurorinnen und Juroren besonders achten, was gut ankommt - und was nicht. Nun steht fest, wer ausscheidet, wer es auf die Shortlist schafft und wer mit einer Medaille ins Rennen um den Master-Titel steigt.
Am Jurytag von Best of Swiss Apps fallen die ersten grossen Entscheidungen: Wer schafft es auf die Shortlist? Wer zählt zu den Gold-, Silber- und Bronze-Gewinnern? Und wer fällt in die Kategorie "leider nein"? Antworten auf diese Fragen muss man sich erarbeiten, und zwar durch fundierte Kritik. Ein Job, den die Jurymitglieder ernst nehmen. Sie bringen ihre Expertise mit ein, um sich im Vorfeld ein erstes Urteil zu bilden - um dann am Jurytag schonungslos offen darüber zu diskutieren. Da wird nichts schöngeredet, aber auch nicht schwarzgemalt. Ab und an kommt es allerdings vor, dass man gepflegt darüber streitet, was denn ein gutes App-Projekt ausmacht.
Am 30. September war es wieder so weit. 59 Jurymitglieder trafen sich beim Weiterbildungsanbieter Digicomp, gleich bei der Schule für Gestaltung in Zürich, um ihre ersten Eindrücke von den Einreichungen und die entsprechenden Vornoten auf den Prüfstand zu stellen.
Rekordzahl an Einreichungen
Mit 241 Einreichungen verzeichnen die Veranstalter dieses Jahr einen Rekord. Ausserdem lancierten sie mit dem Best of Swiss Software Award eine neue Auszeichnung, die herausragende Individualsoftware-Projekte und gelungene Integrationen von Software-Plattformen prämiert.
"Die Schweiz hat bereits bedeutende Awards für Web- und App-Lösungen", sagte Jury-Chairman Christof Zogg. "Aber wir haben festgestellt, dass es eine wachsende Zahl an grossartigen Enterprise-Lösungen gibt, die bisher durch das Raster gefallen sind." Projekten, die sich beispielsweise um Plattformen, ERP- oder CRM-Systeme drehen, will Best of Swiss Software dementsprechend mehr Visibilität verleihen. Die Konsequenz: Best of Swiss Apps verliert eine Kategorie, und zwar die Kategorie "Enterprise", die man dem neuen Award, also Best of Swiss Software, quasi als Mitgift überlässt, wie Zogg scherzhaft sagte.
Christof Zogg freut sich über die rekordhohe Anzahl Einreichungen bei Best of Swiss Apps 2024. (Source: Netzmedien)
Das Plus an Einreichungen verteilte sich übrigens über fast alle Kategorien hinweg. Besonderen Zuwachs verzeichneten die Kategorien User Experience, Functionality und Innovation.
Einreichungen pro Kategorie:
- Business Impact: 25 (+3)
- Customer Experience: 21 (+8)
- Design: 27 (+10)
- Extended Reality: 8 (+2)
- Functionality: 44 (+11)
- Innovation: 33 (+15)
- User Engagement: 24 (+12)
- User Experience: 42 (+15)
- Web Apps: 8 (-)
- Sonderkategorie Accessibility: 9
Barrierefreiheit rückt in den Fokus
Die diesjährige Sonderkategorie Accessibility lanciert Best of Swiss Apps vor dem Hintergrund zweier Jubiläen in der Schweiz: nämlich 20 Jahre Behindertengleichstellungsgesetz und zehn Jahre UN-Behindertenrechtskonvention. Diese Meilensteine beeinflussen auch die Kriterien der Preisverleihung. "Fast eine Million Menschen in der Schweiz haben eine Form von Beeinträchtigung", sagte Zogg und fuhr fort: "Es ist uns wichtig, dass digitale Projekte allen Menschen zugänglich sind. Dementsprechend wollen wir mit dieser Kategorie dazu beitragen, dem Thema digitale Inklusion mehr Aufmerksamkeit zu verleihen."
Ebenfalls erfreut zeigte sich der Jury-Chairman über die steigende Diversität innerhalb der Jury. "Wir konnten den Frauenanteil in der Jury um 7,5 Prozentpunkte steigern, was uns besonders stolz macht", betonte Zogg. Zudem habe man die Beteiligung von Auftraggebern und Dienstleistern in einem ausgewogenen Verhältnis halten können. "Es ist wichtig, dass wir hier einen guten Mix haben, um die verschiedenen Perspektiven in der Beurteilung der Projekte einzubringen."
Die Regeln der Kritik
Für die Jurierung gibt es klare Spielregeln. Die wichtigste lautet: Wer befangen ist, meldet es und hält sich raus. Wenn also ein Juror an einem Projekt, das gerade zur Debatte steht, beteiligt ist, muss er dies offenlegen, sich in der Diskussion zurückhalten oder besser noch: den Raum verlassen.
Die Jurymitglieder verpflichten sich zudem zur Geheimhaltung: Was die Kandidierenden an projekt- und geschäftsbezogenen Informationen teilen, soll in den geschlossenen Diskussionsräumen bleiben. Dasselbe gilt für die Ergebnisse: Wer es auf die Shortlist schafft, zeigt sich am 3. Oktober. Und wer als Master-Kandidat ins Rennen geht, wird am 10. Oktober publik.
Bloss nicht nett werden
Zur Sache ging es in den Sitzungen der einzelnen Fachjurys. Für die Jury der diesjährigen Sonderkategorie Accessibility war es keine leichte Premiere, denn wenn es um gesellschaftliche Ziele wie Inklusion geht, ist es schwierig, in der Beurteilung von Projekten die richtige Balance zwischen Anerkennung und Kritik zu finden.
Die Jurymitglieder liessen sich jedoch nicht durch etwaige Zielkonflikte beeinflussen. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu nett sind", sagte Jurymitglied und Accessibility Consultant Mo Sherif. Und spätestens in der Detailberatung der einzelnen Projekte war denn auch keine Spur von Nettigkeiten zu erkennen. Zu einem Projekt gab es in puncto Accessibility durchaus gravierende Mängel zu monieren: "mit dem Screenreader praktisch unbedienbar", "Überschriften nicht als Headings bezeichnet", "falsche Rollenvergabe der Elemente", "Schriftvergrösserung und Betrieb im Querformat nicht möglich" - Fazit: ein klarer Fall für ein "leider nein". Zu einem weiteren Projekt hiess es: "schade, es wäre eine coole App mit einer potenziell grossen Zielgruppe - bezüglich Barrierefreiheit besteht jedoch noch viel Luft nach oben."
Zur Diskussion stand aber auch ein regelrechter Musterfall für digitale Inklusion sowie zwei weitere vorbildliche Projekte, bei denen es in puncto Accessibility kaum etwas zu beanstanden gab. So hörte man zum Beispiel von einem "Paradebeispiel dafür, dass alle Menschen von Barrierefreiheit profitieren". In einem anderen Fall habe man das Projekt zwar nicht nach dem Grundsatz "Accessibility-first" aufgezogen, die Thematik jedoch konsequent mitgedacht und kontinuierlich verbessert.
Die Jurymitglieder legten Wert darauf, ihre Kritikpunkte in sachlicher und konstruktiver Art und Weise darzulegen. Es gehe schliesslich nicht primär darum, Versäumnisse anzuprangern - stattdessen wolle man vielmehr Unternehmen dazu ermuntern, mehr in digitale Barrierefreiheit zu investieren. Dementsprechend zeigte sich die Jury darüber erfreut, dass auch privatwirtschaftliche Unternehmen, die von Gesetzes wegen (noch) nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet sind, mit einigen Projekten im Rennen sind.
Bemühungen um Barrierefreiheit scheitern übrigens oftmals am Budget - wie erfolgreiche Auftraggeber dieses Hindernis überwinden, warum sich zugängliche Apps lohnen und wo sie Handlungsbedarf sehen, sagen Jury-Mitglieder Maria Timonen und Markus Böni im Interview.
So geht's mit Best of Swiss Apps 2024 weiter:
- Die Shortlist erscheint am 3. Oktober - die Ergebnisse finden Sie auf "netzwoche.ch" Am selben Tag startet auch der Ticketverkauf.
- Die Kandidaten für den "Master of Swiss Apps" werden am 10. Oktober auf "netzwoche.ch" angekündigt.
- Die Netzmedien-Leserwahl "Master of Swiss Apps" startet am 28. Oktober. Hier geht's zur Anmeldung.
- Die Award Night geht am 19. November im Kongresshaus gleich beim Bürkliplatz Zürich über die Bühne.