Smart Energy Party 2024

Soul, Tiefsinn und grüne Tonnen

Uhr
von Dylan Windhaber und yzu

An der diesjährigen Smart Energy Party war die Energie im Raum deutlich spürbar. Im Zentrum des Events standen Networking und tiefgründige Geschichten.

Musikalische Highlights an der Smart Energy Party mit den Soul Divas (Source: Netzmedien)
Musikalische Highlights an der Smart Energy Party mit den Soul Divas (Source: Netzmedien)

Wo sonst E-Fahrzeuge testgefahren werden, versammelten sich am 24. Oktober über 1000 Teilnehmende an 132 Tischen zur Smart Energy Party. In der Umweltarena in Spreitenbach sprudelte es vor Energie - mit diesen Worten eröffnete Moderatorin Nicole Berchtold den offiziellen Teil der Veranstaltung. 

Der von Electrosuisse organisierte Anlass bot den Gästen aus den Bereichen Energie, Gebäudetechnik, ICT, Mobilität und Politik die Gelegenheit, sich auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen oder einfach nur die musikalischen und erzählerischen Highlights zu geniessen. Der Abend wurde nämlich vor allem von den persönlichen Lebensgeschichten zweier interessanter Persönlichkeiten geprägt 

Von der Tiefgarage hoch auf den Turm

Von der Tiefgarage ins Gefängnis und dann hoch hinauf: Der Churer Künstler Fabian "Bane" Florin erzählte vom Nebel seiner Vergangenheit im Drogensumpf. Schon in sehr jungen Jahren geriet Bane in die Drogenszene und gestand sich seine Suchtkrankheit während seiner Lehrzeit ein. 14 Jahre habe er kriminell und ohne richtiges Zuhause gelebt - von Tiefgaragen über mehrere Gefängnisaufenthalte und teilweise auf der Flucht - bis er 2018 einen Entzug machte. Doch auch dieser Weg war steil: Der Künstler beschreibt sich in seiner damaligen Lebensphase als "Hülle ohne Inhalt", welche er mit einem leeren Glas Wasser symbolisch darstellte. "Ich musste wieder laufen lernen", sagte er.

Fabian “Bane” Florin erzählte von seiner Lebensgeschichte und wie er aus dem Tief rauskam. (Source: Netzmedien)

Fabian "Bane" Florin erzählte von seiner Lebensgeschichte und wie er aus dem Tief rauskam. (Source: Netzmedien)

Den entscheidenden Moment erlebte er nach seiner ersten Teilnahme an einem Sprayer-Content (an dem er als Sieger hervorging, versteht sich). Von da an wusste er "woher er kommt und wohin es hingehen soll". Plötzlich waren die alltäglichen Aufgaben nicht mehr schwierig zu bewältigen. "Mein Traum war geboren", sagte Bane, denn von da an wusste er, wohin seine Reise gehen soll. Florin wurde gesund, absolvierte eine Grafikerlehre, nahm an den Wochenenden diverse kleine Sprayer-Aufträge an und machte vor allem eins: üben, üben, üben.

Das zahlte sich aus, als er seine erste Auslandseinladung für einen Kunstauftrag erhielt. Doch Bane kletterte die Karriereleiter noch weiter hoch. Der Künstler durfte letztes Jahr das grösste Wandgemälde der Schweiz an einem 45 Meter hohen Turm in Rothenburg mit umsetzen. Zum Ende seiner Geschichte gab der Bündner Künstler den Gästen der Smart Energy Party seine Lebensphilosophie mit auf den Weg: "Es braucht immer einen Traum für heute, einen für morgen und einen für in einem Jahr." Und wer weiss, irgendwann bemale er vielleicht eine Staumauer oder einen Jumbojet, sagt Bane, denn Träume kennen bekanntermassen keine Grenzen - und seine schon gar nicht. 

Empathie im Kriegsgebiet 

Als die SRF-Ukraine-Korrespondentin Luzia Tschirky auf die Bühne kam, hingen alle wie gebannt an ihren Lippen. In ihrem Referat erzählte sie von ihren Erlebnissen während des Ukraine-Russland-Krieges. Zur Zeit des Kriegsausbruchs befand sich die Journalistin zwar gerade in der Ukraine, lebte jedoch samt Mann und Hund in Russland - doch seither war sie nie mehr in ihrem früheren Zuhause. Hautnah erlebte Tschirky von da an die aktuellen Missstände der ukrainischen Bevölkerung. "Was mit den Menschen vor Ort geschieht, hat meine Arbeit auf persönlicher Ebene geprägt", sagte sie. 

Luzia Tschirky

Luzia Tschirky, ehemalige SRF-Korrespondentin, teilt ihre Erfahrungen aus dem Ukraine-Krieg mit den Event-Besucherinnen und Besuchern der Smart Energy Party (Source: Netzmedien)

Die Korrespondentin erzählte auch vom Sicherheitstraining, welches SRF-Korrespondentinnen und -Korrespondenten, welche in prekäre Gebiete gesandt werden, absolvieren müssen. Den einen Satz, den Tschirky besonders geprägt hat, wollte sie den Teilnehmenden des Events nicht vorenthalten: "Love many, trust few, know to paddle your own canoe". Dieses Motto habe die Journalistin stets begleitet, als sie "von einem Schauplatz des Schreckens zum nächsten" musste.

"Love many" meint dabei, dass den Menschen mit Empathie begegnet werden soll. "Ich bin an erster Stelle Mensch und an zweiter Stelle Journalistin", sagte Tschirky, die den Satz während ihres Sicherheitstrainings mindestens zehnmal pro Tag von einem ehemaligen britischen Soldaten gehört hatte. "Trust few" unterstreicht die Wichtigkeit, Menschen zu haben, auf die man sich blind verlassen kann. Die Zahl dieser sei zwar klein, doch diese wenigen Leute sind für Tschirky "Perlen im Ozean". Zum Satzteil "know to paddle your own canoe" erzählt die Korrespondentin von ihren Grenzüberquerungen und zeigt dazu ein Foto von ihr mit ihrer Kameraausrüstung in einem Einkaufswagen. Sein eigenes Equipment immer dabei zu haben, sei notwendig, um unabhängig zu sein.

Chief Table Officer und Co.

Was im Eventprogramm als "Das etwas andere Gastronomiekonzept" angekündigte wurde, brachte Schwung in die Tischrunden. So durften sich die Gäste gegenseitig mit dem griechisch angehauchten Essen bedienen. Mittels kleiner, auf den Tischen verteilten Bons erhielten die Eventteilnehmerinnen und -teilnehmer Arbeitsanweisungen für die Verpflegungsbesorgung. Die Gäste bedienten somit ihre "Mit-Esser" mit den drei Menü-Gängen.

Zum Auftakt holten die Vorspeise-Zuständigen Mezze-Gerichte, gefolgt von einem vegetarischen und einem Nicht-Vegi-Gratin. Der Hauptgang war jedoch mehr als ein wenig zu viel und der Rest wurde weggeschmissen. Auf Nachfrage bei einem Catering-Mitarbeiter soll das übrig gebliebene Essen jedoch in "grünen Tonnen" landen. Diese waren farblich zwar tatsächlich grün, die Essensreste darin sollen aber angeblich zur Energieerzeugung genutzt werden. Nachdem die "Chief Clearing Officers" den Hauptgang abgeräumt und die Gäste während des Intermezzos das Essen verdaut hatten, folgten griechischer Joghurt und Baklava zum krönenden Abschluss des Drei-Gänge-Menüs.

Energiegeladener Exkurs in die Soul-Welt 

"The Greatest Soul Divas" brachten dann nochmals einen richtigen Energie-Boost in die Umweltarena. Das musikalische Intermezzo der vier Ladies wurde von einer enthusiastischen Musikgruppe begleitet - angeführt von Pepe Lienhard am Saxofon. Mit 60er-Jahre-Songs unterhielten die Soul Divas das Publikum. Zum Song "Respect" von Aretha Franklin stand sogar die ganze Umweltarena - zugegebenermassen jedoch nur auf Bitte der Sängerinnen, um sie beim Gewinnen einer Wette mit der Band zu unterstützen. Die Energie, welche die Divas auf der Bühne versprühten, erreichte das Publikum trotzdem und sorgte für die eine oder andere ausgelassene Tanzeinlage.

The Greatest Soul Divas

The Greatest Soul Divas (Source: zVg)

Energie in der Romandie und Save-the-Date 2025

Nach dem energiegeladenen Soul-Auftritt und den leckeren Baklavas richtete Gastgeber Björn Avak, der ab Januar neuer Geschäftsführer der Electrosuisse ist, noch ein paar abschliessende Worte an die Anwesenden. Die Smart Energy Party soll ihren Spirit im November zum ersten Mal auch in der Romandie versprühen. Aber noch wichtiger für das deutschschweizer Publikum: Die Smart Energy Party findet nächstes Jahr am 23. Oktober statt und Tische können auch bereits gebucht werden. Ob es das Programm auch dann wieder schafft, das Publikum unter Strom zu setzen, wird sich zeigen.

 

An der letztjährigen Smart Energy Party sprach die Ex-Para-Schwimmerin Chantal Cavin über das Nicht-Sehen im Sport und der Ex-Nasa-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen erzählt vom Neu-Sehen des Universums. Mehr darüber lesen Sie hier.

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