Wird Google Street View in der Schweiz verboten?
Verletzt Google Street View Persönlichkeitsrechte? Nach einer Klage des Datenschutzbeauftragten Hanspeter Thür wird diese Frage ab Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in Bern geklärt. Im Extremfall muss Google die Street-View-Bilder aus der Schweiz vom Netz nehmen.


"Wir sind überzeugt, dass Street View in Einklang mit dem Schweizerischen Datenschutzgesetz steht", sagte Peter Fleischer, oberster Datenschutz-Verantwortlicher bei Google, heute an einer Medieninfo. Anderer Meinung ist der Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür. Wegen seiner Klage muss sich Google am Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht verantworten.
Thür: "Persönlichkeitsrechte müssen geschützt werden"
Konkret stellt der Datenschützer folgende Forderungen an Google:
1. Google soll sicherstellen, dass die Veröffentlichung der Bilder in Street View nur erfolgt, wenn Gesichter und Autokennzeichen vollständig unkenntlich gemacht worden sind.
2. Google soll Anonymität von Personen im Bereich von sensiblen Einrichtungen gewährleisten, «insbesondere vor Frauenhäusern, Altersheimen, Gefängnissen, Schulen, Sozialbehörden, Vormundschaftsbehörden, Gerichten und Spitälern».
3. Google soll sicherstellen, dass der Privatbereich (umfriedete Höfe, Gärten usw.) nicht auf Bildträger aufgenommen wird und die bereits aufgenommenen Bilder aus dem Privatbereich der betroffenen Personen aus Street View entfernt werden.
4. Google soll sicherstellen, dass die von Privatstrassen aus gemachten Aufnahmen aus Street View entfernt werden, sofern keine Einwilligung für die Aufnahmen vorliegt.
5. Google soll mindestens eine Woche im Voraus informieren, in welchen Städten und Dörfern in der darauf folgenden Woche Aufnahmen getätigt werden.
6. Google soll eine Woche vor Aufschaltung aufs Netz informieren, welche Dörfer und Städte aufgeschaltet werden.
Diese Punkte lassen sich aus dem Einschreiben des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) an das Bundesverwaltungsgericht in Bern entnehmen.
Fleischer: "Die Erkennungsrate liegt bei 99 Prozent"
"Es wird immer Gesichter und Autokennzeichen geben, die unsere Software nicht automatisch erkennt", kontert Fleischer die Forderungen. Gerade mit Autokennzeichen habe es am Anfang noch Probleme gegeben, da diese in der Schweiz eine "andere Form" hätten. Google habe aber nachgebessert: "Unsere Technologie stellt sicher, dass ungefähr 99 Prozent aller Gesichter und Autokennzeichen nicht identifizierbar sind."
Zudem gebe es kaum Misstöne seitens der Nutzer. "Auf 20'000 Panoramabilder auf Street View haben wir in der Schweiz nur jeweils eine Anfrage auf Anonymisierung erhalten." Im Vergleich zu anderen Ländern sei dies wenig, so Fleischer.
Die Schweiz: Ein Street-View-Sonderfall
Die Schweiz sei aber ein Street-View-Sonderfall: Hier werde die Datenschutzdebatte härter geführt als sonstwo. "Der einzige Datenschützer der Welt, der Street View vor Gericht zieht, ist Herr Thür", zeigte sich Fleischer enttäuscht. Thür habe er mehrmals persönlich in Bern getroffen um die Position von Google darzulegen, trotzdem sei es zur Klage gekommen.
Dies, obwohl Street View in kaum einem anderen Land so beliebt sei wie in der Schweiz. Rund ein Viertel der Bevölkerung habe den Dienst bereits verwendet und 18 Monate nach seiner Einführung verzeichne Google Maps 20 Prozent mehr Zugriffe aus der Schweiz als zuvor. Es gebe also ein öffentliches Interesse daran, Street View in der Schweiz nicht für rechtswidrig zu erklären, so Fleischer.
Die Netzwoche-Redaktion hat für Sie die vollständige, 4-seitige Stellungnahme von Google eingescannt und bietet sie als PDF in der Box "Mehr zum Thema" (oben rechts) zum Download an.
Edit: Google hat uns eine aktualisierte Version zugeschickt, die wir soeben hochgeladen haben (Mittwoch, 23. Februar, 15:05)
Auf in den Kampf - mit drei Anwälten
Zwei Anwälte der Kanzlei Homburger aus Zürich würden Google nun vor Gericht vertreten, "plus Daniel Schönberger, unser Hausjurist bei Google Schweiz", so Fleischer.
Das Urteil erwartet Google in eins bis drei Monaten.

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