"Wir bieten quasi Secure Swiss Collaboration as a Service"
Der Schweizer Dienstleister Kolab Systems will mit seiner Open-Source-Groupware mit dem Standortvorteil punkten. CEO und Mitbegründer Georg Greve erläutert, wie Kunden nicht nur davon, sondern auch vom Open-Source-Ansatz profitieren.
Herr Greve, welche Kunden sprechen Sie mit den Produkten von Kolab Systems an?
Da ist einmal unser On-premise-Produkt Kolab Enterprise, eine qualitätsgesicherte und gehärtete Version der Kolab Community Edition, also des Open-Source-Projekts, in dem wir gemeinsam mit der Community die Technologie entwickeln. Kolab Enterprise bietet genau die Eigenschaften, die Unternehmen für den professionellen Einsatz erwarten, also insbesondere eine Fünfjahres-Garantie für den Einsatz und entsprechende Service Level Agreements. So können Unternehmen die Vorteile von Open Source Software mit denjenigen klassischer Enterprise-Software verbinden. Die Kunden bewegen sich von relativ kleinen KMUs bis zu Installationen wie in der Stadt München oder in den Schulen von Basel mit jeweils 30-40'000 Nutzern. Wir haben auch grössere Installationen, dürfen aber leider die Firmen nicht öffentlich nennen.
Gibt es Kolab auch als SaaS-Angebot?
Auf der anderen Seite gibt es unsere Lösung auch als ASP- und ISP-Variante. Damit können Service Provider ihren Kunden Collaboration-Features anbieten und so Mehrwerte schaffen. Das unterstützen wir als White-Label-Lösung, das heisst, ein Provider kann Kolab vollständig in seine Corporate Identity einbauen und als mandantenfähige Lösung anbieten, die ohne Probleme bis zu Millionen von Nutzern skaliert. Wir selber bieten mit Kolab Now eine SaaS-Lösung, quasi Secure Swiss Collaboration as a Service als Schweizer Unternehmen ausschliesslich über ein Schweizer Rechenzentrum. Wir haben physische Kontrolle über die Hardware, das Angebot untersteht zu 100 Prozent Schweizer Recht und stammt garantiert aus der Schweiz. Wir haben diese Dienstleistung vor ziemlich genau zwei Jahren gestartet, sie richtet sich primär an KMUs. Der Kunde weiss, dass seine Daten nach Schweizer Recht und so zu seinem Vorteil gehalten werden.
Inwiefern spüren Sie die Auswirkungen der Enthüllungen von Edward Snowden?
Unser Angebot hat natürlich Auftrieb erfahren dank der Snowden-Affäre. Wir haben aktuell sehr viel mehr Privatnutzer auf unserem System, als wir ursprünglich gedacht hätten und sogar Unternehmen aus den USA, die keine Lust darauf haben, von ihrer eigenen Regierung ausgehorcht zu werden. Aber wie gesagt, eigentlich richtet sich Kolab Now an KMUs, weil wir unseren Kunden die Freiheit geben wollen, ihre Cloud-Strategie iterativ zu finden. Also die Frage, ob ich alles in die Cloud gebe oder nur ein bisschen was, ob ich mich jetzt voll an eine Public Cloud hängen oder meine eigene Installation fahren will, alle diese Fragen kann ein Unternehmen aus unserer Sicht heute gar nicht abschliessend beantworten. Man braucht die Möglichkeit, sich auch umentscheiden zu können. Also wollten wir eine flexible Lösung bieten. Das heisst bei Kolab, ich kann zum Beispiel mit Kolab Now starten, und bei Bedarf auf on-premise schalten, und das auf derselben Technologiebasis und mit Support. Ich gewinne also einen Freiheitsgrad in meiner Cloud-Strategie, den nur wenige Technologien mir so geben können.
Wie können Sie sich gegenüber grossen Konkurrenten wie Microsoft oder Google behaupten?
Wenn man voll auf Google Apps oder Office 365 setzt, ist natürlich die Frage, warum man noch ein anderes Produkt dazunehmen sollte, sicherlich berechtigt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die Nutzung von Google Apps oder Office 365 sinnvoll ist. Das mag für manche Unternehmen zutreffen. Aber gleichzeitig sollte man sich schon überlegen, ob man die Daten des eigenen Unternehmens, aber eben auch der Partner und Kunden, wirklich dort einstellen möchte. Zumal wir ja wissen, dass diese Daten auch für die US-Regierung zugreifbar sind. Schon vor Snowden hielt Caspar Bowden, der ehemalige Datenschutzbeauftragte von Microsoft, einen hochinteressanten Vortrag mit dem Titel «How to wiretap the Cloud without almost anybody noticing», wo er darauf hinwies, dass die Geheimdienste der USA auf diese Daten zugreifen können. Insofern sollte man sich überlegen, ob man das will, und vor allem, ob man das den eigenen Kunden zumuten will.
Kolab selbst ist ja Open Source Software. Was bedeutet das für die Anwender?
Die Tatsache, dass Kolab Open Source ist, ist sicherlich alleine kein Grund, die Software einzusetzen. Aber es ist schon sehr hilfreich. Zum einen, weil mir die Offenheit Kontrolle und auch Transparenz gibt. Die Offenheit der Technologie bedeutet, dass ich die Software in meine bestehende Infrastruktur integrieren und wo nötig sogar Anpassungen vornehmen kann. Ich kann also flexibler auf bestehende Infrastrukturen reagieren. Ein strategischer Vorteil von Open Source ist, dass ich mich entscheiden kann, wie viel Kompetenz ich In-house aufbauen möchte für eine Lösung. Ich kann mich auch in den Entwicklungsprozess einbringen. Diesen Freiheitsgrad kann mir keine andere Technologie bieten.
Wie schafft es Kolab, mit den aktuellen Entwicklungen mitzuhalten, etwa dem Trend zu Unified Communications?
Wir haben den Vorteil, dass wir als echtes Open-Source-Unternehmen eben auch in der Open-Source-Community sehr aktiv sind. Wir sind an vielen Projekten aktiv, teilweise auch führend beteiligt, und auch Komponenten unserer Technologien leben zum Teil als eigene Projekte. Ein gutes Beispiel dafür ist der Webmailer Roundcube, der ja durch uns entwickelt wird – der ursprüngliche Entwickler von Roundcube, der Berner Thomas Brüderli, arbeitet bei Kolab Systems und ist an der Firma beteiligt. Unser Ansatz hilft uns auch, mit Projekten zusammenzuarbeiten, die an anderen Technologieteilen arbeiten, zum Beispiel im Bereich Video, Voice und Chat. Wenn solche Technologien ausreichend hohe Reifegrade haben, werden wir sie gemäss unserer Roadmap ebenfalls integrieren. Indem wir mit Red Hat und anderen zusammenarbeiten, können wir natürlich Technologien weit über das hinaus begleiten, was wir als wachsendes Unternehmen alleine leisten könnten.