Wie Banken die Digitalisierung anpacken wollen
Der jüngste Frühstücks-Event von TI&M hat sich um die Bankenwelt gedreht. Der Anlass zeigte: Eine grosse Chance liegt in der Kundenbindung und in der Digitalisierung des Hypothekargeschäfts. Und die Schwyzer Kantonalbank digitalisiert sich nicht fürs schnelle Geld, sondern um auf Schweizer Art zu expandieren.
Schweizer Banken sind zwar strategisch gut aufgestellt, um ihre Produkte und Prozesse zu digitalisieren. Doch es hapert mit der Umsetzung. Die hiesigen Finanzinstitute nehmen im europäischen Vergleich eine "abwartende Haltung" ein, wie eine Studie des Swiss Finance Institute (PDF) zeigt. Der Grund: Bislang habe es an Konkurrenzdruck gefehlt. Das wird sich aber bald ändern. Und das wissen auch die Banken-Chefs, die in ihren Unternehmen Digitalisierungsprojekte voranbringen wollen.
Mit solch einem Projekt startete die Schwyzer Kantonalbank (SZKB) ins neue Jahr. Wie die Bank das Vorhaben angehen will und welche Ziele sie verfolgt, erklärte SZKB-COO Damian Hallenbarter an einer Frühstücksveranstaltung des IT-Dienstleisters TI&M. Rund 100 Gäste besuchten den Anlass im Zürcher Restaurant Spitz.
Die SZKB digitalisiert im grossen Stil
Das Projekt sei Teil einer Strategie unter dem Motto "Grenzen überwinden". Die Kantonalbank möchte ihr Firmenkundengeschäft auf die gesamte Schweiz ausweiten, ohne zusätzliche Filialen zu eröffnen. Hallenbarter sprach von einer "Expansion nach Schweizer Art". Auch das Image als Anlagebank solle aufpoliert werden. "Das geht nur über digitale Kanäle", sagte Hallenbarter. Und die sollen gleich im grossen Stil erneuert werden. "Wir wollen nicht nur Teilschritte, sondern Gesamtprozesse digitalisieren", sagte er.
Zu den Zielsetzungen des Projekts zähle etwa, dass sämtliche Geschäftsprozesse soweit wie möglich automatisiert werden sollen. Darunter fielen etwa Compliance-Checks beim Onboarding. Die Prozesse sollen in Zukunft ausschliesslich auf Daten basieren. "Wir wollen kein Papier mehr produzieren", sagte Hallenbarter. Die Daten sollen nur einmal erfasst, zentral abgelegt und in Echtzeit abrufbar sein. "Wo immer möglich verzichten wir auf Dokumente", sagte er.
Physische und digitale Unterschriften würden nur noch eingefordert, wenn dies notwendig sei. Ferner will die SZKB ein neues webbasiertes Kundenportal aufbauen und die Arbeitsplätze der Kundenberater modernisieren. "Zu diesem Zweck haben wir eVoja von Swisscom sowie tabletgestütze Beratung mit Visualisierungstools eingeführt", sagte Hallenbarter.
Damian Hallenbarter, COO der Schwyzer Kantonalbank. (Source: Netzmedien)
Es geht um mehr als nur Geld
Das Projekt stehe erst am Anfang, sei aber auch schon auf Widerstand gestossen, merkte Hallenbarter an. "In bestimmten Geschäftseinheiten werden wir rund 25 Stellen abbauen, dies entspricht in etwa 10 bis 20 Prozent der Belegschaft in diesen Abteilungen", sagte er. Entlassen werde zwar niemand. "Aber die Leute müssen sich bewegen", merkte er an. Man werde den Mitarbeitern neue Wege aufzeigen und zusätzliche Mitarbeiter an Bord holen, unter anderem IT- und Prozessspezialisten. "Wir werden tendenziell mehr Geld für Personal ausgeben", sagte Hallenbarter. Das sei auch so geplant, denn: "Wir machen dieses Projekt für unsere Zukunft und nicht, um Geld zu sparen".
Kosten sparen: das sei nur ein Motiv für Digitalisierungsprojekte, sagte Stefan Rüesch, Head of Digital Banking bei TI&M. Viel wichtiger sei es jedoch, bei solchen Vorhaben den Kunden ins Zentrum zu stellen. Im Kern gehe es um die Frage: Wie kann ich die Kundenzufriedenheit steigern, sodass der Kunde gar nicht erst auf die Idee kommt, die Bank zu wechseln? "Wer sich auf die Kunden fokussiert, kommt nicht nur auf der Kosten-, sondern auch auf der Ertragsseite weiter", sagte Rüesch.
Stefan Rüesch, Head of Digital Banking bei TI&M. (Source: Netzmedien)
Erst optimieren, dann digitalisieren
Ob Customer Experience oder Kosteneinsparungen – "bevor man Prozesse digitalisiert, muss man sie optimieren", sagte Andreas Dietrich, Projektleiter und Dozent an der HSLU. Dietrich präsentierte Ergebnisse einer Studie, die der Frage nachgegangen war, wie viel Banken sparen könnten, wenn sie ihre Geschäftsprozesse im Hypothekargeschäft digitalisieren würden.
"Wir waren erstaunt, wie unterschiedlich die Banken das machen", sagte Dietrich. Nicht nur die Zeitaufwände, sondern auch die Kosten variierten stark. Die Unterschiede liessen sich allerdings nicht durch Technik oder Software erklären. "Es ist vielmehr eine Frage des Prozessmanagements", sagte Dietrich.
Andreas Dietrich, Projektleiter und Dozent an der HSLU. (Source: Netzmedien)
Die Banken wollen derzeit vor allem die Abwicklung beschleunigen und so Kosten sparen, wie Dietrich erklärte. "Dabei fallen 70 bis 80 Prozent der Kosten im Hypothekargeschäft im Vertrieb respektive im Front Office an." Wer dort die Abläufe beschleunigt, mit der Abwicklung von Standardfällen beginnt und schliesslich den gesamten Geschäftsprozess digitalisiert, könne mit Einsparungen von mindestens drei Prozent des Ertrags rechnen, sagte Dietrich und ergänzte: "In anderen Branchen würde man bei solchen Aussichten sofort auf den Zug aufspringen."