Was die E-Verwaltung vom Pantoffeltierchen lernen kann
Am Mittwoch, 6. März, ist das E-Government Forum in die zweite Runde gegangen. Die Referate in Bern drehten sich um die Themen Digitalisierung in der Verwaltung und Smart Citys. Ausserdem wurde an einigen Beispielen aufgezeigt, wie die Bevölkerung beim Aufbau einer digitalen Verwaltung mithelfen kann.
Ein straffes Programm hat die Besucher am zweiten Tag des E-Government Forums in Bern erwartet. Insgesamt neun Referate gingen am 6. März in der Bernexpo über die Bühne. Die elektronische Verwaltung und Smart Citys standen dabei im Fokus. Einig waren sich die Referenten in einem: Bei der Digitalisierung der Verwaltung braucht es Spielraum zum Ausprobieren und Fehler machen.
"E-Government beginnt in den Gemeinden, denn der Kontakt mit den Behörden findet in der Schweiz meist auf kommunaler Ebene statt", begann Christoph Niederberger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands, sein Referat. Die Bekanntheit von E-Government-Anwendungen in der Bevölkerung sei gestiegen. Die Zufriedenheit mit besagten Anwendungen stagniere hingegen. Niederberger begründete diese Entwicklung damit, dass mit dem steigenden digitalen Angebot im Alltag auch die Ansprüche der Bürger an die öffentliche Hand steige.
Christoph Niederberger, Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbands (Source:Netzmedien)
Verwalten wie das Pantoffeltierchen
Die Verwaltung müsse ihre Angst ablegen, etwas falsch zu machen. Dieser Überzeugung war Kuno Schedler, Professor für Public Management an der Universität St. Gallen. "In der Verwaltung bewegt sich erst etwas, wenn alle fest davon überzeugt sind, das Endergebnis zu kennen." Laut Schedler ein Fehler. Er rät zu einer "Pantoffeltierchen-Politik." Wie der im Wasser lebende Einzeller solle die Verwaltung einfach einmal in eine Richtung schwimmen und sobald sie auf ein unüberwindbares Hindernis stosse, den Kurs ändern. "Scheitert man zu Beginn eines Projekts, können Fehler meist einfach korrigiert werden, scheitert man erst kurz vor dem Ziel, wird es teuer", ermutigt Schedler zum Experimentieren.
Doch Versuch und Irrtum als Strategie funktionierten nicht ohne gute Kommunikation. Es sei eine enorme Herausforderung der Bevölkerung klar zu machen, dass es sich bei Neuerungen in der Verwaltung um Versuche und nicht unbedingt um permanente Lösungen handeln könne.
Barbara Alder, Leiterin der Fachstelle Grundlagen und Strategien, Kantons- und Stadtentwicklung des Präsidialdepartements Basel-Stadt (Source: Netzmedien)
Was St. Gallen und Basel smart macht
Dem Thema Smart Citys widmeten sich Barbara Alder, Leiterin der Fachstelle Grundlagen und Strategien, Kantons- und Stadtentwicklung des Präsidialdepartements Basel-Stadt und Christian Geiger, Chief Digital Officer bei der Stadt St. Gallen. Alder präsentierte das Projekt Smart City Lab Basel. Dabei handelt es sich um einen Test- und Austauschplatz für Smart-City-Projekte auf dem ehemaligen Güterbahnhof Wolf in Basel. Eröffnet wird das Smart City Lab Mitte April 2019. Ziel sei es während fünf bis sechs Jahren eine Community zu schaffen, Ideen und Projekte zu entwickeln, Prototypen und Services zu testen und Lösungen zu erleben und zu diskutieren. Einige Partner wie Elektron, Signify und Swisstraffic sind beim Projekt bereits an Bord. Es sei aber auch noch Raum für neue Partner da.
Eine Responsive City nutzt ebenfalls neue Technologien und ist eine Weiterentwicklung der Smart City. Erfahren Sie hier, wie es die Responsive City ihren Bürgern erlaubt, ihre kognitiven und kreativen Fähigkeiten in den Dialog einzubringen und die Stadt aktiv mitzugestalten.
Auch in St. Gallen gibt es ein Smart City Lab. Allerdings noch ohne feste Räumlichkeiten, wie der CDO der Stadt St. Gallen, Christian Geiger erklärte. Das Projekt sei eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure aus der Region St. Gallen. Es sei wichtig, als Stadt nicht immer unbedingt etwas Neues, eigenes machen zu wollen. "Nutzen Sie Kompetenzen und Ressourcen, die bereits vorhanden sind." So ist für Geiger die Smart City auch ein Thema, das sich nicht auf einzelne Städte beschränke sondern bei dem in Regionen gedacht werden müsse. "Einwohnerinnen und Einwohner sind ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklung und können Lösungen für den Alltag erarbeiten, testen und mitgestalten." Als Beispiel hierfür nennt Geiger einen Coiffeursalon: "Wir als Verwaltung merken vielleicht nicht, dass der Frisör um die Ecke online Termine anbietet und wir das eigentlich auch tun könnten."
Maximilian Stern, Vizepräsident Staatslabor (Source: Netzmedien)
In Reykjavik gestalten die Einwohner die Verwaltung mit
Ganz der Partizipation gewidmet war das Referat von Maximilian Stern. Der Vizepräsident des Staatslabors sagte: "Ich glaube Partizipation kann Verwaltungen deutlich stärker machen. Es braucht dazu aber klare Ziele, Ressourcen und eine gewisse Haltung gegenüber dieser Partizipation." Für das Mitwirken der Bevölkerung führte Stern kurz in das Projekt Better Reykjavik ein. Dabei handelt es sich um eine Plattform der Isländischen Hauptstadt, auf der Einwohner ihre Projekte, Ideen und Verbesserungsvorschläge anbringen können. In Lausanne gäbe es eine ähnliche, wenn auch noch nicht ganz so ausgereifte Plattform, die es den Lausannern erlaube, Projekte vorzuschlagen und darüber abzustimmen, welche dieser Projekte finanzielle Unterstützung erhalten sollten.
"Wenn das Einbinden der Bevölkerung so einfach wäre, dann würden es vermutlich schon alle machen." Folgende Herausforderungen nannte Stern im Zusammenhag mit der Partizipation:
Expectation Management: Es muss klar geregelt und kommuniziert werden, worüber die Bevölkerung entscheiden kann.
Wissen und Personal: Es braucht Fachkompetenz und zentrale Ansprechpartner
Kosten und Kapazität: Wer kommt für den zusätzlichen Aufwand auf?
Mehr als ein Buzzword: Partizipation muss ein klares Ziel verfolgen
Ein Chatbot als Verwaltungsassistent und ein Plädoyer für bürgerzentrierte E-Gov-Dienste standen am ersten Tag des E-Government Forums auf dem Programm. Mehr dazu lesen Sie hier.