HarmonyOS

Huawei erklärt Google den Software-Krieg

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von Pascal Scherrer, Watson

Huawei präsentiert seine Pläne für die Zukunft. Diese umfassen unter anderem ein eigenes, offenes Betriebssystem. Damit greifen sie Googles Android an.

(Source: Screenshot der ersten Keynote im Rahmen der HDC)
(Source: Screenshot der ersten Keynote im Rahmen der HDC)

Huawei hat an der hauseigenen Entwicklerkonferenz HDC, die am 10. September lief, unter anderem seine Pläne für die Zukunft vorgestellt. Obwohl der Konzern bis vor kurzem stets betonte, weiterhin mit Google zusammenarbeiten zu wollen, geht man nun eigene Wege. Das hauseigene HarmonyOS, das 2019 in einer ersten Version vorgestellt wurde, erscheint in Version 2.0 und wird Open Source. Damit ist es also auch anderen Herstellern erlaubt, Huaweis Betriebssystem auf ihren Handys und anderen Smart Devices einzusetzen.

Bereits jetzt sollen über 800 Partner mit an Bord sein, die planen, HarmonyOS auf ihren smarten Alltagsgeräten einzusetzen. Diese umfassen unter anderem Kühlschränke, Waschmaschinen, Kopfhörer, Lautsprecher und Fernseher. HarmonyOS 2.0 ist ab sofort verfügbar, die Entwicklerkits für Smartphones werden ab Dezember 2020 ausgeliefert. Anfangs wird HarmonyOS nur für Einsteigergeräte respektive Devices mit kleinem Arbeitsspeicher verfügbar sein. Spätestens im Oktober 2021 sollen dann sämtliche Smart Devices unterstützt werden.

Bereits jetzt arbeite man mit jeweils fünf Partnern zusammen, um Chips und Module mit dem neuen Betriebssystem kompatibel zu machen. Aktuell seien bereits sieben Chips und fünf Module (Wi-Fi/Kamera/Display) für HarmonyOS zertifiziert. Wer diese Partner sind, hat Huawei nicht kommuniziert.

Ebenfalls öffnen möchte Huawei seine Hardware-Plattformen. So soll es Drittanbieter-Apps beispielsweise genauso möglich sein, die umfangreichen Kamerafeatures zu nutzen, wie der nativen Kamera-App von Huawei.

Huawei kommt in Autos

Auch im Bereich der Autos hat Huawei bereits fortgeschrittene Pläne präsentiert. Aktuell seien mehr als 20 Autohersteller an Bord, die HiCar, wie die Autoversion von HarmonyOS heisst, einsetzen wollen. Die meisten Hersteller sind dabei aber nur in China bekannt. Mit Volvo ist immerhin auch ein Hersteller dabei, den man in Europa kennt. Hier muss man aber anmerken, dass Volvo schon länger in chinesischer Hand ist.

Bereits im August hat Huawei, in Zusammenarbeit mit dem Elektroautohersteller BYD, das erste Fahrzeug vorgestellt, das HiCar ab dem Fliessband installiert haben wird.

Huawei will zum umfassenden Ökosystem-Anbieter aufsteigen

Seit dem Software-Bann durch die USA haben sich die Ziele von Huawei klar verschoben. Lag der Fokus in der Vergangenheit vor allem auf Hardware, liegt nun die Software klar im Zentrum von Huaweis Zukunftsplänen. Der Konzern definiert seine vergangenen und zukünftigen Ziele folgendermassen:

  • 2011 - 2015: Entwicklung von High-End-Produkten

  • 2016 - 2019: Einen Premium-Brand aufbauen

  • ab 2019: Zu einem allumfassenden Ökosystemanbieter werden

Eine Herausforderung ist für Huawei dabei, Entwickler zu überreden, ihre Apps für HarmonyOS anzupassen. Da Android-Apps nicht mit Huaweis OS kompatibel sind, wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, entsprechende Apps einfach von alternativen Quellen herunterzuladen.

Wie Huawei Entwickler an Bord holen möchte, erklärte Steven Huang, CEO Consumer Business von Huawei Schweiz, im März 2020 im Interview.

Huawei versucht den Entwicklern das Leben möglichst einfach zu machen. Ein Kernpunkt spielt dabei die Barrierefreiheit: Laut Richard Yu müsse ein Entwickler seine App nicht extra für jedes Device anpassen. Vielmehr müsse man die Anwendung nur einmal programmieren. HarmonyOS adaptiere die App dann für jede Auflösung und Bildschirmgrösse automatisch, sodass sie optimal dargestellt werde.

Eigene Sprachassistentin kommt nun auch nach Europa

Wer ein eigenes Ökosystem anbietet, braucht natürlich auch eine Sprachassistentin. Huawei hat bereits im März mit der Einführung der P40-Serie auch die Sprachassistentin Celia vorgestellt. Bisher ist diese aber nur in China verfügbar. Allerdings soll Celia noch in diesem Jahr den Sprung nach Europa schaffen.

Eigene Suchmaschine ausgebaut, Google-Maps-Konkurrent gerüchteweise in Arbeit

Ausgebaut hat Huawei auch seine eigene Suchmaschine Petal Search. Bisher war die Suchmaschine vor allem dazu da, um Installationsdateien von Android-Apps zu finden. Zwar gab es auch einen News-Bereich, allerdings war dieser nicht sehr umfangreich. Nun hat Huawei Petal Search aber mit einem Update ordentlich ausgebaut. Nebst einem verbesserten News-Hub gibt es jetzt diverse Funktionen, die man sich von Google gewohnt ist. Ähnlich wie bei Googles Suchmaschine werden die Informationen wie Rezepte, Wissen oder Shopping in übersichtlichen Kacheln dargestellt.

Noch nicht vorgestellt hat Huawei seine Alternative zu Google Maps. Gerüchte, wonach der Konzern an solch einer arbeiten, gibt es seit einigen Wochen. Huawei soll dabei auf Daten des niederländischen Kartenpioniers TomTom zurückgreifen. Huawei arbeitet bereits für seine GPS-Schnittstelle, die App-Entwicklern zur Verfügung steht, mit TomTom zusammen. Ebenfalls ist die App TomTom Go Navigation seit einigen Tagen offiziell in der AppGallery verfügbar.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Watson.

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