Datenschutzbedenken bremsen Krankenkassen-Apps aus
Nicht alle digitalen Dienste der Krankenkassen kommen gleich gut an. Insbesondere Gesundheits-Apps stossen aufgrund von Datenschutzbedenken auf Ablehnung. Einfache elektronische Dienstleistungen wie digitale Versichertenkarten sind jedoch gefragt.
Vom elektronischen Patientendossier über Whatsapp-Sprechstunden bis hin zu Gesundheits-Apps: Die Digitalisierung verändert das Angebot der Krankenkassen und das Verhalten der Versicherten. Doch nicht alles, was die Krankenkassen an digitalen Diensten anbieten, finden die Versicherten nützlich. Im Gegenteil: Datenschutzrechtliche Bedenken verhindern in der Schweiz wie auch in Deutschland eine breite Akzeptanz, wie eine Befragung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt.
Zwar zähle rund die Hälfte der Befragten zu den Befürwortern von digitalen Gesundheitsdiensten – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese Dienste einen entsprechenden Mehrwert bieten. Die andere Hälfte der Befragten ist entweder entschieden kritisch gegenüber solchen Diensten oder unentschlossen.
Ein Drittel Digitalisierungsgegner
Die Studienautoren ordnen 30 Prozent der befragten Versicherten als Digitalisierungsgegner ein. Die Befragten befürchteten, dass ihre Versichertendaten zu ihrem persönlichen Nachteil erhoben und sie dadurch von Leistungen ausgeschlossen würden.
Weitere 10 bis 20 Prozent seien nach wie vor unentschlossen, was sie von digitalen Gesundheitsdiensten halten sollen. "Dabei spielt Unkenntnis eine grosse Rolle: Fast die Hälfte der Versicherungskunden kennt bestehende Services wie Zweitmeinungsdienste oder den Arztrechnungsscan per App nicht. Hier ist Vertrauensarbeit seitens der Versicherer gefragt", kommentiert Frank Hannich vom Institut für Marketing Management der ZHAW School of Management and Law die Ergebnisse.
Skepsis gegenüber Krankenkassen-Apps
Datenschutzbedenken sind den Ergebnissen zufolge eine klare Hürde für digitale Angebote der Krankenkassen – das betrifft insbesondere Gesundheits-Apps. 52 Prozent der Befragten in der Schweiz äusserten Bedenken, wonach Krankenversicherungen die Daten aus Gesundheits-Apps zum Nachteil der Versicherten verwenden würden.
(Source: BSI / ZHAW)
Diese Bedenken können verhindern, dass die digitalen Angebote der Krankenkassen genutzt werden, wie die Studienautoren festhalten. Insbesondere, da für die meisten Gesundheits-Apps unabhängige Alternativen bestehen.
Einfache digitale Dienste sind gefragt
Den grössten Nutzen sehen die Verbraucher in simplen elektronischen Dienstleistungen wie beispielsweise digitalen Versicherungskarten oder Online-Versicherungsportalen.
Grundsätzlich sei ein bedeutender Anteil der Schweizer Bevölkerung bereits vor der Coronakrise bereit gewesen, digitale Gesundheitsdienste zu nutzen. Die Massnahmen zur Eindämmung der Krise dürften diesen Trend noch verstärken, folgern die Studienautoren. "Für Krankenversicherer stellt sich die Frage: Welche digitalen Services generieren die höchste Kundenzufriedenheit je eingesetztem Budget beziehungsweise: Wo können Versicherer komplementäre Services schaffen, die reine App-Anbieter nicht bieten können?", lässt sich Jens Haarmann, Dozent für New Product und Healthcare Marketing am ZHAW-Institut für Marketing Management, zitieren.
Mit den Mehreinnahmen wird es schwierig
Ein neues Geschäftsmodell aus digitalen Services und Apps im Sinne von zusätzlichen Einnahmen zu schaffen, dürfte für die Krankenkassen schwierig werden, schreiben die Studienautoren weiter. Denn drei Viertel der Befragten geben an, für keinerlei Apps zu bezahlen, so dass nur kostenlose Angebote der Krankenkassen die breite Masse der Versicherten erreichen könnten.
Dies entspreche allerdings auch den derzeitigen Vorhaben der Versicherer, die mit den aktuellen digitalen Angeboten kostenlose Zusatznutzen bieten oder Kosteneinsparungen realisieren möchten.
Die ZHAW führte die Studie in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Bilendi durch – im Auftrag des Schweizer CRM-Anbieters BSI. Die Befragung fand zwischen Oktober und November 2019 statt. Es wurden 569 Krankenversicherte in der Schweiz sowie 1069 aus Deutschland befragt. Die Studienergebnisse stehen online zum Download bereit.
Auch Spitäler entdecken den Trend zur privaten Aufzeichnung von Aktivitäts- und Gesundheitsdaten für sich - allerdings für medizinische Zwecke. So erhofft sich etwa die Insel Gruppe Erkenntnisse für die Krankheitsbilder der Patienten. Für die Nutzung der Daten brauche es aber Investitionen in Datenerschliessung und Analytics, zeigt die Titelgeschichte: "Big Data, Big Trouble? So meistern Spitäler die Datenflut."