Umfrage von TI&M und HSLU

Neobanken konkurrieren stärker als gedacht mit klassischen Banken

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von René Jaun und kfi

Knapp ein Fünftel der Bankkunden erledigt Bankgeschäfte am liebsten digital, wie eine Umfrage zeigt. Weitere Erkenntnisse: Corona hat vor allem bestehende Trends verstärkt und klassische Banken sollten sich bezüglich der Neobank-Konkurrenz warm anziehen.

(Source: ldprod / Fotolia.com)
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Schweizer Banken haben schnell und flexibel auf die Veränderungen durch Covid-19 reagiert. Dies ist eine der Erkenntnisse der "Trendstudie Banken 2021" von TI&M und dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern (HSLU). Allerdings stellt die Studie den Banken nicht nur gute Zeugnisse aus. "Langfristig gibt es operative und strategische Baustellen, denen sich die Banken annehmen müssen", wie es in einer Mitteilung heisst.

Physische Filiale als Chance

So sollten sich Banken etwa über die künftige Positionierung ihrer Vertriebskanäle Gedanken machen und den einzelnen Touchpoints klare Rollen zuweisen. Hintergrund dieser Empfehlung ist die Erkenntnis, dass die klassische Bankfiliale im Alltagsbanking bereits heute kaum noch eine Rolle spiele.

"Die Banken gehen davon aus, dass die Filiale ein wichtiger Touchpoint für die Kunden bleibt", heisst es im Fazit zur Studie, "doch der Touchpoint wird sich wandeln. Es ist zu beobachten, dass die Kundengruppe, welche bereits heute alle Bankgeschäfte über digitale Kanäle durchführen würde, mit 20 Prozent kein reiner Nischenmarkt mehr darstellt." Die physische Präsenz sei ein Unterscheidungsmerkmal klassischer Banken gegenüber neuer Konkurrenten, welches als Chance verstanden werden könne.

Corona verändert vor allem Banken

Laut der Studie bevorzugen 19 Prozent der befragten Kundinnen und Kunden für alle Bankgeschäfte einen digitalen Kanal. 15 Prozent ziehen hingegen die Offline-Version vor und 42 Prozent haben keine eindeutige Präferenz. Letztere wählten "für ihr Anliegen den jeweils passenden Kanal", wie die Autoren schreiben.

Bezüglich Covid-19 kommt die Studie zum Schluss, dass die Pandemie vor allem bankintern zu vielen wohl auch nachhaltigen Veränderungen geführt habe, nicht aber bei den Bankkunden. "Einzelne Bereiche, die als 'Covid-19-Effekt' im Banking bezeichnet wurden (zum Beispiel Mobile-Banking-Nutzung), sind eher als Trendfortschreibungen zu werten und weniger einer durch Covid-19 verursachten Verhaltensänderung zuzuschreiben", fassen die Autoren zusammen.

Neobanken kommen an, vor allem bei besser Verdienenden

Weiter kommt die Studie zum Schluss, dass Neobanken wohl stärkere Konkurrenten für herkömmliche Banken seien, als deren Entscheidungsträger möglicherweise denken. "Generell konnten wir feststellen, dass besser gebildete und auch besser verdienende Personen preissensitiver und daher gegenüber den Neobanken heute offener sind", legen die Autoren dar. Sie nennen geringere Kosten und ein besseres Nutzererlebnis als wichtige Treiber für die Adaption. Diese Faktoren seien aber grundsätzlich durch bestehende Banken kopierbar. "Insofern handelt es sich nicht um einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil der Neobanken."

Neben Kosten und Nutzererlebnis hätten Neobanken eine schnelleren Time-to-Market und könnten bisher unausgesprochene oder neue Kundenbedürfnisse effizienter und schneller befriedigen. Klassische Banken bedienten Bedürfnisse eher reaktiv. Sie müssen über moderne Ansätze und Leistungsangebote proaktiv ihre Kundschaft an sich binden beziehungsweise neue Kundengruppen akquirieren.

Zur Studie

Grundlage der Studie sind Umfragen bei 1000 Personen und 63 Banken, die im August 2020 durchgeführt wurden. Die vollständige Studie kann, nach einmaliger Registrierung, kostenlos heruntergeladen werden.

Das Wachstum auf dem Schweizer Fintech-Markt gerät ins Stocken. Hiesige Fintech-Unternehmen stellen zunehmend Mitarbeitende im Ausland ein - und Open Banking kommt nicht in die Gänge, wie aus einer weiteren Studie der HSLU hervorgeht.

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