ICT-Networkingparty 2022

Komik, Klatsch und Kosmologie

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von Joël Orizet und ml

Die ICT-Networkingparty hat etwas weniger als 1000 Topshots der Schweizer ICT-Branche in den Berner Kursaal gelockt. Highlight des Abends war der Auftritt der Astrophysikerin Kathrin Altwegg. Sie brachte das Publikum zum Staunen, zum Schmunzeln – und vielleicht sogar auf die Idee, sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen.

Der Auftritt von Astrophysikerin Kathrin Altwegg war das Highlight an der diesjährigen ICT-Networkingparty. (Source: Netzmedien)
Der Auftritt von Astrophysikerin Kathrin Altwegg war das Highlight an der diesjährigen ICT-Networkingparty. (Source: Netzmedien)

Es hat Tradition. Anfang Jahr treffen sich die Exponenten der Schweizer ICT-Branche im Berner Kursaal, um zu feiern, aus dem Nähkästchen zu plaudern und vor allem: um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Die 19. Ausgabe der ICT-Networkingparty stand jedoch unter düsteren Vorzeichen. Rekordhohe Covid-Fallzahlen, Ausfallwelle in der Wirtschaft, Labore am Limit – "20 Minuten" skandalisierte und es gab denn auch einige prominente Absagen. Die Veranstalter liessen sich jedoch nicht davon beirren.

Gastgeberin Vania Kohli begrüsste die knapp 1000 Gäste zu dieser "besonderen" Ausgabe des Networking-Events. Besonders auch deswegen, weil es einige Spielregeln zu beachten galt: 2G-Plus, Masken tragen in den Gängen und immer schön das Namensschild tragen, um zu zeigen, dass man die Eingangskontrolle passiert hat. Kohli gab auch gleich zum Auftakt das Motto des Abends bekannt: Sternstunden. Was das bedeuten sollte, klärte sich später.

Vania Kohli, Gastgeberin der ICT-Networkingparty. (Source: Netzmedien)

Die Eröffnungsrede hielt Asut-Präsident Peter Grütter mit einem Plädoyer für 5G. Das Vertrauen in die Kommunikationstechnologien sei erschüttert und die Politik versuche krampfhaft, die Kontrolle zurückzugewinnen, sagte er und fuhr fort: "China erklärt die 72-Stunden-Woche für illegal, Europa will die Tech-Konzerne und das Internet bändigen und auch in der Schweiz sind wir nicht gefeit vor Regulierungslust." Grütters Empfehlung an die anwesenden Politikerinnen und Politiker: den Glasfaserausbau nicht unnötig erschweren, den 5G-Ausbau voranbringen und der Versuchung widerstehen, zu viele Details regulieren zu wollen.

Peter Grütter, Präsident des Telekommunikationsverbandes Asut. (Source: Netzmedien)

Heiter, heiter

Weiter ging es mit einem komödiantischen Intermezzo. Hazel Brugger machte Witze über ihr Privatleben, über Liebe, Sex und Schwangerschaft. Anschliessend brachte Kabarettist und Diplom-Physiker Vince Ebert mehr Tiefgang in die Unterhaltung. Er verband Witz mit wissenschaftlichem Scharfsinn und Reflexion, ohne ins allzu Ernste abzudriften. Ebert erzählte etwa von seiner "schwierigen" Zeit in den USA, als er sich als Stand-up-Komiker versuchte. Vor allem dieser eine Witz sei dort partout nicht goutiert worden: "Kennen Sie Georg Ohm? Er war der Begründer des deutschen Widerstands."

Diplom-Physiker Vince Ebert sorgte mit klugem Witz für Unterhaltung. (Source: Netzmedien)

Weil er es immer wieder mal mit einer "tough crowd" zu tun hatte, musste Ebert das Improvisieren lernen, wie er sagte. "Improvisieren bedeutet, Risiken einzugehen, Fehler zu machen, dem Unbekannten eine Chance zu geben." Den Schweizerinnen und Schweizern liege das allerdings ebenso wenig wie den Deutschen – Kulturen mit einem Hang zum Perfektionismus können schwer mit Unsicherheit umgehen. "Eigentlich ist Risikoverminderung eine absolut sinnvolle Strategie, doch wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht, ist eine Vollkasko-Mentalität wenig wert."

In kosmischen Dimensionen denken

Highlight des Abends war der Vortrag der Astrophysikerin Kathrin Altwegg. Die emeritierte Professorin an der Universität Bern wirkte entscheidend an der Weltraummission Rosetta mit, bei der es darum ging, mit der gleichnamigen Raumsonde auf dem Kometen "Tschuri" zu landen. Altwegg sprach jedoch nicht über ihre Errungenschaften. Stattdessen stellte sie die Frage: "Wie viel Glück steckt hinter unserer Existenz?"

Wer Altwegg zuhörte, konnte seinen eigenen Zeithorizont ins schier Unermessliche ausdehnen. Weg vom Denken in Geschäftsquartalen oder Legislaturperioden, hin zur Vorstellung der Geschichte und Zukunft des Kosmos. So liess sie die Gäste darüber staunen, wie klein die Wahrscheinlichkeit ist, dass unser Planet in der sprichwörtlichen Goldlöckchen-Zone also der sogenannten habitablen Zone zuhause ist, was das Leben überhaupt erst möglich macht. Und vor allem: dass dieser Glücksfall nicht von Dauer ist. Der Mensch ganz klein, die Natur so gross: eine hervorragende Übung in Demut und Dankbarkeit.

Der Unwahrscheinlichkeitsdrive hält nicht ewig

Die Astrophysikerin erklärte die sogenannte Drake-Gleichung, benannt nach ihrem Urheber, dem Astrophysiker Frank Drake. Die Gleichung dient zur Abschätzung der Anzahl intelligenter Zivilisationen in der Milchstrasse. Allein in unserer Galaxis gebe es der Formel zufolge rund 1000 Zivilisationen, die in der Lage sein könnten, per Funk zu uns Kontakt aufzunehmen, sagte Altwegg. Das Problem: Die Nächstgelegene dürfte 1600 Lichtjahre weit entfernt sein, was die Kommunikation praktisch unmöglich macht. "Daran kann auch die Swisscom nichts ändern", witzelte sie trocken. Und weiter: Der Kontakt zu intelligentem Leben sei auch grundsätzlich schwierig, "weil wir noch gar keines kennen".

Astrophysikerin Kathrin Altwegg brachte das Publikum zum Staunen. (Source: Netzmedien)

Zum Schluss gab Altwegg zu verstehen, wie fragil das Leben auf der Erde sei und der Mensch sein eigener grösster Feind. "Wenn wir weiter dazu beitragen, die Klima-Uhr nach vorne zu stellen, wird das Leben kein gutes Ende nehmen". Doch auch unabhängig davon hat das Glück aus kosmologischer Sicht eine klar abschätzbare Halbwertszeit. In 600 Millionen Jahren verschwindet das CO2 aus unserer Atmosphäre, wie Altwegg sagte. Das heisst: Spätestens dann gibt es keine Pflanzen mehr – und somit keinen Sauerstoff. Doch damit nicht genug: In zwei bis drei Milliarden Jahren verschwindet das Magnetfeld der Erde, kosmische Strahlung dringt in die Atmosphäre ein und erodiert sie. In fünf Milliarden Jahren verkümmert die Sonne zum weissen Zwerg. Ab diesem Zeitpunkt könnte es jedoch wieder aufwärts gehen: Aus dunklen Wolken verdichten sich Gebiete, in denen neue Sterne entstehen. Diese scharen mit der Zeit neue Planeten um sich herum, manche von ihnen in der bewohnbaren Zone, wo Leben erneut entstehen kann. "Und dann können wir wieder so eine Party wie heute machen", sagte Altwegg.

Der Termin für die nächste ICT-Networkingparty steht bereits. Die 20. Ausgabe der Veranstaltung geht am 26. Januar 2023 über die Bühne – sofern das kosmische Glück weiter mitspielt.

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