"Nachhaltigkeit ist in den Köpfen angekommen"
Jährlich werden Millionen von IT-Geräten neu produziert, in Betrieb genommen und bereits vor ihrem Lebensende wieder verschrottet. Mit re-useIT stellt SPIE Schweiz eine B2B-Plattform bereit, um die Lebensdauer von Hardware zu verlängern. Wie das genau funktioniert, erklärt Blerim Rudhani, Leiter re-useIT. Interview: Tanja Mettauer
Wie hat sich die B2B-Plattform re-useIT von SPIE seit ihrem Start im Februar entwickelt?
Blerim Rudhani: Re-useIT stösst auf grosses Interesse, sowohl bei der SPIE-Kundschaft als auch am Markt. Wir verzeichnen viele Anfragen, was bedeutet, dass wir mit unserem innovativen Service den Nerv der Zeit getroffen haben. Der Blick auf den Markt zeigt, dass Nachhaltigkeit in den Köpfen angekommen ist. Unternehmen sind sensibilisiert und nehmen ihre soziale und ökologische Verantwortung wahr. Im Bereich der IT-Infrastruktur ist es unerlässlich, den Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung zu minimieren. Mit re-useIT kümmern wir uns – zum Beispiel nach einer erfolgreichen Modernisierung einer ICT-Umgebung – um aussortierte IT-Hardware. Durch deren Wiederverwendung fördern wir die ökologische Nachhaltigkeit.
Welche Strategie verfolgen Sie, um neue Unternehmen für re-useIT zu gewinnen?
Mit re-useIT bieten wir eine digitale und unkomplizierte B2B-Plattform an, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern und einen Beitrag zur ökologischen Nachhaltigkeit zu leisten. Da es sich um ein junges Unternehmen handelt, verfolgen wir aus kommunikativer Sicht zwei Ziele: Bekanntheit fördern und Vertrauen schaffen. Dabei ist der persönliche Kontakt wichtig. In unserer Branche ist Vertrauen das A und O. Unser Ansatz beruht auf persönlicher Beratung und Problemerfassung bei den Kundinnen und Kunden. Auch wenn wir einen Standardprozess haben, ist jedes Kundenanliegen spezifisch. Dank des Start-up-Grooves sind wir flexibel und können auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Wir wollen, dass unsere Passion bei der Kundschaft spürbar ist – und nicht einfach ein paar Floskeln auf einer Powerpoint-Präsentation. Unser primärer Fokus liegt auf Infrastruktur-Hardware wie Switches, Access-Points, Server etc., da in diesem Segment der Markt undurchsichtig ist und sich Kundinnen und Kunden schwertun, einen vertrauenswürdigen Partner zu finden. Aber auch andere Produktkategorien wie Laptops, Smartphones, Tablets, Monitore und Displays können über re-useIT prozessiert werden. Drucker hingegen sind schwer zu vermitteln.
Inwiefern spielt die Marke SPIE eine Rolle bei der Vermarktung der Plattform?
SPIE spielt eine entscheidende Rolle. Sie ist eine vertrauenswürdige Marke, was re-useIT sicherlich zugutekommt. Mit re-useIT zeigt SPIE seine «Corporate Social Responsibility»-DNA und bestätigt, dass wir keine Theoretiker sind, sondern handeln. Re-useIT führt das Engagement von SPIE Schweiz für Innovation, Qualität und Umweltbewusstsein fort.
Welche Priorität hat das Thema Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit bei Ihrer Kundschaft? Wie reagiert sie auf das Angebot, ihre ungenutzte IT-Hardware wiederzuverwenden?
Ökologische Nachhaltigkeit ist kein Trend mehr, sondern wird zum Standard. Für Firmen wird es immer wichtiger, Nachweise zu erbringen, was sie in puncto Nachhaltigkeit unternommen haben. Einige Partner im Netzwerk der re-useIT liefern CO2- Zertifikate. Diese zeigen auf, wie viel CO2 dank Wiederverwendung eingespart wurde, anstatt die noch brauchbare Hardware zu verschrotten. Unser Engagement wird sehr interessiert und wohlwollend angenommen. Bei Millionen von IT-Geräten, die jährlich produziert, betrieben und schliesslich entsorgt werden, sind die Auswirkungen auf die Umwelt erschreckend. Viele Unternehmen machen sich darüber vermehrt Gedanken und suchen nach Lösungen. Genau da setzen wir an.
Welchen finanziellen Anreiz haben Unternehmen, um von diesem Angebot Gebrauch zu machen?
Kundinnen und Kunden können ihre alte IT-Hardware in bares Geld verwandeln. Einer der Hauptnutzen ist, dass re-useIT dank seines breiten Partnernetzwerks den besten Preis erreicht. Dadurch, dass mehrere Angebote eingeholt werden, funktioniert der Markt und Kundinnen und Kunden erhalten den bestmöglichen Preis. Des Weiteren ist der Aufwand für sie sehr gering, da das Antragsformular auf der Website einfach ist und sie die Ware lediglich zur Abholung bereitstellen müssen. Der Rest, also Abholung, Transport, Datenlöschung, Auffrischung der Hardware etc., wird vom jeweiligen Partner als Service angeboten. Zudem fallen Lagerkosten für ausrangierte IT-Infrastruktur weg. Also sparen Kundinnen und Kunden nicht nur Kosten, sondern auch Zeit und Platz. Zusammengefasst: bester Marktpreis durch Angebotsvergleiche, geringer Zeitaufwand sowie Einsparung von Lagerkosten.
Wie ist das Partnernetzwerk aufgebaut, das Sie für Abholung, Datenlöschung, Aufarbeitung, Upcycling und den Wiederverkauf der IT-Hardware implementiert haben?
Unsere Partner bewegen sich in einem geschlossenen, nicht öffentlichen und nicht für jeden zugänglichen Netzwerk. Unsere Partner sind handverlesen, ich kenne jeden persönlich. Und ich prüfe, dass sie entsprechend zertifiziert sind, und schliesse mit ihnen Verträge ab. Auch können sie erst nach diversen Checks bei Aufträgen mitofferieren. Der Markt an sich ist riesig, es gibt genügend Anbieter. Jedoch sind die Auslese und auch der Faktor Mensch sehr wichtig. Unsere Partner verfügen beispielsweise über ISO- oder ESG-Zertifizierungen und nutzen eine anerkannte Datenlöschungssoftware wie etwa Blancco. Ich begleite jede Kundenanfrage persönlich, so können wir sicherstellen, dass die Qualität gewährleistet ist. Nicht zuletzt ist mir die persönliche Beratung – von Mensch zu Mensch – sehr wichtig.
Wie stellen Sie sicher, dass die Datenlöschung gemäss DSG vollständig und sicher durchgeführt wird?
Das ist ein ernst zu nehmendes Thema. Unser Partnernetzwerk verfügt über anerkannte Zertifizierungen und Datenlöschprogramme, die Compliance, Sicherheit und Transparenz in jedem Schritt des Prozesses gewährleisten. Dabei müssen Standardnormen und -vorgehensweisen berücksichtigt werden. Kundinnen und Kunden erhalten eine Dokumentation der Datenlöschung, ein Proof of Concept. Diese Dokumentation beschreibt jeden Schritt mit einem Protokoll.
Welche Herausforderungen sind bei der Aufarbeitung und dem Upcycling von IT-Hardware am häufigsten? Wie gehen Sie damit um?
Die grösste Unsicherheit bei Unternehmen ist das Thema rund um Datensicherheit. Also müssen wir mit unseren Partnern eine zertifizierte Datenlöschung garantieren und beweisen können. In den Gesprächen zeigen wir detailliert auf, wie ein solcher Prozess aussieht und was die Kundschaft als Beweis in den Händen hält. Mir ist das Thema sehr wichtig. Ich nehme mir die Zeit, die unsere Kundinnen und Kunden brauchen. Mittels Aufklärung und Transparenz entlang des Refurbishment-Prozesses schaffen wir Vertrauen und untermauern unsere Kompetenzen. Selbstverständlich berücksichtigen wir alle rechtlichen Fragen, sodass unsere Kundschaft auch dort abgesichert ist. Eine weitere Herausforderung sind Kleinstmengen. Ab einer Menge von 50 Stück pro Modell wird es für potenzielle Käufer interessant und die Chance auf ein attraktives Angebot steigt. Kleinere Mengen, unter 50 Stück, sind schwer verkäuflich. Hardware, die älter als fünf Jahre ist, ist klar schwieriger zu vermitteln. Je aktueller die Hardware ist, desto grösser sind die Erfolgsaussichten.
Re-useIT ist hierzulande dieses Jahr gestartet – welche Pläne haben Sie für die B2B-Plattform auf internationaler Ebene?
In erster Linie wollen wir die Bekanntheit steigern und re-useIT in der Schweiz etablieren. Gegenwärtig sind wir in Gesprächen mit Grossunternehmen und streben eine längerfristige Zusammenarbeit an. Als Start-up mit Schweizer Wurzeln wollen wir unseren Beitrag primär hier leisten. Gleichzeitig haben Gesellschaften der SPIE-Gruppe aus Frankreich und den Niederlanden bereits ihr Interesse bekundet, den Service entsprechend auszuweiten. Das klingt spannend und wir werden es auf jeden Fall prüfen. Dank des starken Netzwerks der SPIE-Gruppe ist eine Expansion auf europäischer Ebene durchaus ein schöner Blick in die Zukunft.
Wie soll sich die B2B-Plattform langfristig hinsichtlich Ressourcenoptimierung weiterentwickeln?
Die B2B-Plattform lässt sich gut erweitern und optimieren, da sie rein digitaler Natur ist und wir keine Lager führen. Die Ware wird jeweils auf direktem Weg von den Kundinnen und Kunden zu den Partnern befördert. Die einzige begrenzte Ressource ist meine Zeit. Seit mehr als zweieinhalb Jahren beschäftige ich mich intensiv mit re-useIT, und meine Begeisterung dafür ist nicht nur geblieben, sondern sogar noch gewachsen. Ich hoffe, dass die Entwicklung weitergeht und ich noch viele Unternehmen unterstützen kann.
Zur Person
Blerim Rudhani (43) ist Leiter Einkauf und Logistik bei SPIE Schweiz und hat eine Leidenschaft für nachhaltige IT-Projekte. Im Rahmen seines EMBA-Studiums hat er das Start-up re-useIT entwickelt. Innerhalb eines Jahres konnte er die Idee in die Realität umsetzen und einen Markt für seine nachhaltige IT-Lösung schaffen.