Sozialhilfe-Software

Stadt Zürich hadert mit Citysoftnet-Einführung

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von Joël Orizet und rja

In der Stadt Bern ist die Einführung der Sozialhilfe-Software Citysoftnet gründlich schief gelaufen - nun sorgt sie auch in Zürich für Probleme. Das neue Fallführungssystem bringt die Angestellten ans Limit.

(Source: Tobias Reich / Unsplash.com)
(Source: Tobias Reich / Unsplash.com)

Die Sozialen Dienste der Stadt Zürich haben Citysoftnet, die neue Fallführungssoftware für die Sozialhilfe sowie den Erwachsenen- und Kindesschutz, am 6. Januar in Betrieb genommen. Die Einführung sei zwar "ohne grössere technische Probleme" verlaufen. Die Umstellung auf das neue System mit über 800 Usern habe jedoch zu einer sehr hohen Arbeitsbelastung in der Organisation geführt, "die auch sechs Wochen nach der Einführung noch deutlich spürbar ist", teilt die Stadt Zürich mit. Ziel sei es, nun eine "möglichst schnelle Rückkehr in den gewohnten Arbeitsalltag zu ermöglichen", lässt sich Eve Moser, Co-Direktorin der Sozialen Dienste der Stadt Zürich, in der Mitteilung zitieren. 

Mitarbeitende der Sozialen Dienste sprachen gegenüber dem "Tagesanzeiger" allerdings von "gravierenden Problemen". Demnach kämpften sie mit einer unfertigen Software und konnten beispielsweise Zahlungseingänge nicht den jeweiligen Fällen zuordnen. So etwas wie ein Handbuch sei nicht vorhanden und die Verzweiflung sei gross. Informell diskutiere man sogar darüber, zur alten Software zurückzukehren und den Ombudsmann einzuschalten. 

Das Sozialdepartement der Stadt Zürich will dennoch an der neuen Software festhalten, wie Julia Köpfli, Sprecherin der Sozialen Dienste, dem "Tagesanzeiger" sagte. Der Kostenrahmen von 26,4 Millionen Franken sei eingehalten worden, bisher seien keine Mehrkosten entstanden und eine Rückkehr zur alten Software sei kein Thema.

In Bern führte die Umstellung zum Debakel

Die Software Citysoftnet, die von den Städten Basel, Bern und Zürich in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Emineo entwickelt wurde, soll die inzwischen veraltete Anwendung namens Kiss ablösen. Die Stadt Basel will Citysoftnet noch im Verlauf dieses Jahres einführen. Die Stadt Bern nahm das System im Juni 2023 in Betrieb - mit gravierenden Folgen. 

Der Stadt Bern bescherte die Einführung von Citysoftnet ein Rechnungschaos. Die Ämter für Sozialhilfe sowie für Erwachsenen- und Kindesschutz konnten nach der Umstellung unter anderem Rechnungen nicht fristgerecht abwickeln und Zahlungen nicht auslösen. Angestellte hatten dutzendweise gekündigt: Über 60 von rund 350 Mitarbeitenden gingen und von denen, die blieben, mussten sich etliche wegen Burnouts krankschreiben lassen, wie die "NZZ" berichtet. 

Für den Betrieb von Citysoftnet und für zusätzliche Personalressourcen musste die Stadt Bern bereits mehrere Male Nachkredite beantragen, zuletzt im Dezember 2024. Ursprünglich waren 800'000 Franken pro Jahr für den Betrieb budgetiert - aktuell rechnet die Stadt gemäss Mitteilung allerdings damit, dass der Betrieb jährlich knapp 1,5 Millionen Franken kostet, also 658'000 Franken mehr als ursprünglich erwartet. Hinzu kommen Mehrkosten von knapp 1,4 Millionen Franken für das Personal, die auf krankheitsbedingte Personalausfälle und auf "die Bewältigung der Mehrbelastung im Tagesgeschäft" zurückzuführen seien. 

Bern könnte sich allerdings früher als erwartet von Citysoftnet verabschieden, wie die "NZZ" schreibt. Die Ausschreibung der Software von 2017 hatte noch eine 20-jährige Laufzeit vorgesehen - inzwischen schickte der Kanton Bern  jedoch eine Teilrevision der Sozialhilfe-Verordnung in die Vernehmlassung, die bis 2031 einen Wechsel auf ein neues Fallführungssystem vorsieht. 

 

Seit bald einem Jahr hat die Stadt Zürich übrigens eine neue Digitalisierungsstrategie, die digitale Kompetenzen in den Verwaltungen förden und den Behörden helfen soll, neue Technologien rasch einsetzen zu können - mehr dazu lesen Sie hier

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