Interview mit Roman Flepp

Wie Threema die B2B-Welt erobern will

Uhr

Threema – ein Messenger mit durchgängiger Verschlüsselung made in Switzerland. Roman Flepp, Head of Marketing & Sales beim Entwickler, gibt Auskunft über die Technik hinter der App und den Umgang mit politischem Druck.

Roman Flepp, Head of Marketing & Sales, Threema. (Source: Roger Nigg)
Roman Flepp, Head of Marketing & Sales, Threema. (Source: Roger Nigg)

Wann haben Sie das letzte Mal Whatsapp benutzt?

Ich nutze Whatsapp seit Jahren nicht mehr. Mich kann man über Threema und geschäftlich über Threema Work erreichen.

Was hat Sie beim Start 2012 bewogen, einen Messenger mit durchgängiger Verschlüsselung auf den Markt zu bringen?

Die Instant Messenger waren zu dieser Zeit komplett unsicher. Man konnte in einem öffentlichen WLAN problemlos die Chats von Dritten mitlesen. Das wollten wir ändern und haben den ersten plattformübergreifenden durchgängig verschlüsselten und metadatensparsamen Messenger entwickelt. Der Anklang war gross.

Was machen Sie anders als Signal, Telegram & Co.?

Die Unterschiede sind vielschichtig. Hier einige Beispiele: Einige Apps, wie Telegram, verschlüsseln Chats standardmässig nicht mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Der Betreiber kann also Chatinhalte mitlesen. Andere Apps verschlüsseln nur Textinhalte, aber nicht Sprachanrufe oder Steuer- und Statusnachrichten und sammeln fleissig Nutzer- und Nutzungsdaten, welche unter anderem zu Werbezwecken verwendet werden können. Beispiel: WhatsApp. Eine weitere Besonderheit ist, dass Threema als eine der einzigen Messenger-Apps komplett anonym genutzt werden kann. Bei Threema ist die Angabe der Telefonnummer oder E-Mail-Adresse optional Signal und andere Dienste setzen eine Handynummer voraus.

Es gibt Versuche, Messenger zur Offenlegung von Inhalten zu zwingen. Wo sehen Sie sich in diesem Spannungsfeld?

Derzeit sind das eher Nebelpetarden einzelner Politiker. Ähnliche Vorstösse in anderen Ländern, wie England oder Australien, sind allesamt gescheitert. Eine Aufweichung der Verschlüsselung kommt für uns unter keinen Umständen infrage und wäre mit dem Prinzip der durchgängigen Verschlüsselung, wo nur die Teilnehmer über die Schlüssel verfügen, technisch gar nicht möglich.

Wie würden Sie reagieren, wenn ein Staat Messenger zur Entschlüsselung zwingt?

Bei Threema wird die Verschlüsselung vom Nutzer und nicht von uns angebracht. Wir haben also gar keine Möglichkeit, die Inhalte für den Staat zu entschlüsseln.

Wie wichtig ist das Geschäft mit Firmenkunden für Threema?

Threema Work hat sich für uns zu einem riesigen Erfolg entwickelt. Aktuell zählen wir über 3000 Firmenkunden, darunter namhafte Organisationen wie die Bundesverwaltung, Daimler oder Bosch. Immer mehr Unternehmen und Organisationen suchen nach einer Messaging-Lösung, um die geschäftliche von der privaten Kommunikation zu trennen und die Privatsphäre der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen.

Wie unterscheidet sich Threema Work von der herkömmlichen Version?

Threema Work ist mit seiner kollaborativen Funktionalität speziell auf die Bedürfnisse von Unternehmen und Organisationen zugeschnitten und bietet gegenüber der herkömmlichen Threema-Version zahlreiche Vorteile und Zusatzfunktionen, insbesondere in den Bereichen Administration und Nutzerverwaltung.

Anders als direkte Konkurrenten ist Threemas App nicht kostenlos. Warum?

Nichts ist kostenlos – entweder bezahlt man mit Geld oder mit seinen Daten. Threema setzt auf ein traditionelles, transparentes Geschäftsmodell: Der Nutzer zahlt einmalig für die App – knapp drei Franken – und kann sie anschliessend für immer uneingeschränkt nutzen; ein fairer Deal, wie wir finden.

Wie entwickeln sich die Nutzerzahlen?

Die Threema-Community wächst stetig. Aktuell zählen wir über 5 Millionen private Nutzer weltweit, wobei der deutschsprachige Raum unser wichtigster Markt ist. Jeden Tag kommen knapp 2000 Privatanwender hinzu und, wie erwähnt, auch bei Threema Work läuft es erfreulich gut.

Wie funktionieren verschlüsselte Audio-Telefonate mit Threema? Werden diese in Echtzeit auf dem Smartphone verschlüsselt?

Ja, auch Threema-Anrufe sind selbstverständlich von Anfang bis Ende verschlüsselt. Trotz des hohen Rechenaufwandes haben wir es geschafft, eine Sprachqualität zu erreichen, welche derjenigen herkömmlicher Handygespräche in nichts nachsteht.

Deutsche Sicherheitsexperten haben Threema gute Noten ausgestellt. Trotzdem sehen einige die proprietäre Natur der App kritisch. Warum sind Sie nicht Open Source?

Die Verschlüsselung und weitere sicherheitsrelevante Komponenten von Threema sind quelloffen. Es stimmt aber, dass nicht der gesamte Code offen liegt. Threema finanziert sich ausschliesslich über den App-Verkauf. Im Gegensatz zu anderen Instant Messengern sind wir dadurch nicht von Investoren, Geldgebern, staatlichen Stiftungen oder der Weitergabe von Nutzerdaten abhängig, sondern einzig unseren Nutzern verpflichtet. Das hat jedoch auch zur Folge, dass eine Offenlegung des vollständigen Quellcodes problematisch wäre, weil so problemlos Gratis-Klone der App erstellt werden könnten und dadurch die Finanzierung gefährdet wäre.

Wie möchten Sie Threema weiterentwickeln?

Die Entwicklung einer guten Messaging-App ist nie abgeschlossen. Einerseits erwarten die Nutzer immer mehr Funktionen, und für uns gilt es, die wichtigsten zu identifizieren und in Privatsphäre-freundlicher Weise umzusetzen. Andererseits haben wir viele eigene Ideen. Uns wird also die Arbeit nicht ausgehen und es bleibt auch für unsere Kunden spannend.

Webcode
DPF8_147473