2006: Das Google-Trauma und die Misere von Microsoft
Google hat ein Problem damit, wenn man "googeln" sagt. Und Microsoft hat ein Problem mit Google, mit dem iPod sowie mit dem Trend in Richtung Software-as-a-Service. Die beiden Tech-Giganten kämpfen im IT-Jahr 2006 mit hausgemachten wie auch mit gesellschaftlichen Schwierigkeiten.
Für Microsoft ist es ein schwieriges Jahr: 2006 kündigt Bill Gates seinen Rücktritt aus dem Tagesgeschäft an, die EU-Kommission büsst den Konzern, weil er sein Windows-Monopol missbrauchte, und dann auch noch das: Die Welt der Software dreht sich in Richtung eines neuen Geschäftsmodells: Statt als Einmal-Lizenz kommen Programme mehr und mehr "as-a-Service" daher. Was Microsoft seit 1989 als Office-Paket verkauft, stellt Google nun als kostenlose Apps ins Internet.
Doch Microsoft gibt nicht auf. Im Oktober kommt der Internet Explorer 7 – neu mit hauseigener Standardsuchmaschine. Google ist deswegen sauer und beschwert sich über Wettbewerbsverzerrung. Die US-Kartellbehörden weisen die Beschwerde jedoch zurück.
Trotzdem hat Google gut lachen. Denn Microsoft lanciert Ende des Jahres ein Produkt, das als fulminanter Flop in die Geschichte des Unternehmens eingeht: Der MP3-Player Zune ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Da hilft es auch nicht, dass Microsoft-Chef Steve Ballmer seinen Kindern den iPod und das Googeln verbietet – und dass sich diese Streber angeblich tatsächlich daran halten, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet.
Google gegen googeln
Google ist noch keine zehn Jahre alt – und schon erscheint in etlichen Wörterbüchern das Wort "googeln" als Inbegriff für Internetsuche. Ironischerweise gefällt das Google ganz und gar nicht. Der noch junge Konzern befürchtet den Verlust der Markenrechte und will den Ausdruck verbieten. Das Problem: Verben lassen sich offenbar nicht so einfach markenrechtlich schützen. Also lässt Google seine Anwälte auf zahlreiche Medien wie auch auf den "Duden" los, um einen missverständlichen Sprachgebrauch zu monieren. Der "Duden" gibt klein bei – zumindest zwischenzeitlich: In der 24. Auflage lautet die Definition: "mit Google im Internet suchen". Vorher hiess es noch allgemein: "Suchen im Internet".
Fairerweise muss man sagen: Wer "googeln" mit "suchen" gleichsetzt, tut dem Unternehmen unrecht. Denn ist Google nicht vielmehr eine Werbe- als eine Suchmaschine? Diese rhetorische Frage stellt Netzwoche-Redaktorin Sandra Steiner in der Einleitung eines Interviews mit Urs Hölzle, dem heutigen Leiter der technischen Infrastruktur von Google Cloud. Das Interview erscheint im September 2006. Einige Passagen regen zum Schmunzeln an. Hier ein kleiner Auszug:
Herr Hölzle, ich habe im Lead das Wort "googeln" benutzt. Werden Sie die Netzwoche jetzt verklagen?
Urs Hölzle: Zu dieser Frage kann ich mich nicht äussern: Ich bin Techniker und kein Anwalt.
Wer oder was könnte Google je zu Fall bringen?
Ich glaube, die grösste Gefahr sind tatsächlich wir selbst und zwar, wenn wir unseren Fokus auf den Benutzer verlieren oder überheblich würden, dann ist es langfristig aus.
Wie sieht Google im Jahr 2020 aus? Gibt es einen Bereich, in dem Google nie tätig sein wird?
Ich habe keine Ahnung, was wir in zehn Jahren vielleicht machen. Aber ich bin ziemlich sicher, dass wir auch 2020 kein Gemüse verkaufen werden.
Den Geschäftszweig mit dem Gemüseverkauf hat Google tatsächlich Amazon überlassen. Und das Gezänk um das Wort "googeln" ist vorbei. Wer heute nach "googeln" googelt, findet einen Auszug aus Wikipedia: "Aufgrund der Dominanz der Google-Suchmaschine wurde Google zu einem transitiven Verb." Es beziehe sich auf "die Suche nach Informationen im World Wide Web, unabhängig davon, welche Suchmaschine verwendet wird". Auch der "Duden" setzte sich durch: Da steht jetzt wieder die ursprünglich allgemeine Bedeutung – wobei hinter dem Wort Google ein Warenzeichen steht.