Experten erklären dem Bund, woran es beim E-Voting hapert
Der Bund legt die Ergebnisse aus dem Expertendialog zum Thema E-Voting vor. Die Teilnehmer können sich vorstellen, dass sich elektronisches Abstimmen binnen 15 Jahren als vertrauenswürdiger Stimmkanal etabliert. Die Behörden sollen aber die Testverfahren anpassen und die Sicherheit der herkömmlichen Abstimmverfahren im Auge behalten.
In 15 Jahren könnte sich E-Voting in der Schweiz als vertrauenswürdiger Stimmkanal etablieren. Das sagen zumindest viele der Teilnehmer des Expertendialogs, den die Bundeskanzlei diesen Frühling durchführte. Nun liegen die Ergebnisse der Gespräche vor. 23 in- und ausländische Experten aus Wissenschaft und Industrie beteiligten sich an der Diskussion.
Nicht alle sind gleich optimistisch
Statt der geplanten Workshops habe man den Dialog schriftlich und online geführt. Dabei seien über 700 Stellungnahmen eingegangen, teilt die Bundeskanzlei mit. Gemeinsam erarbeiteten die Experten Schlussfolgerungen zu verschiedenen Themenblöcken, hielten aber auch abweichende Meinungen fest.
So teilen etwa nicht alle die Vision des etablierten E-Votings in 15 Jahren. "Einige sind nicht sicher, dass E-Voting das nötige Vertrauen gewinnen kann", heisst es in der Mitteilung. Unbestritten sei, dass auch der Sicherheit der herkömmlichen Wahl- und Abstimmungsverfahren Beachtung zu schenken sei. Handlungsbedarf bestehe in den Bereichen Sicherheit, Transparenz und unabhängige Prüfungen.
Ständiges Bug-Bounty-Programm statt einzelner Intrusionstests
"Ein perfektes System gibt es nicht", formuliert die Bundeskanzlei das Fazit aus dem Dialog. Weder Manipulation noch technische Fehler könnten je vollständig ausgeschlossen werden. Die Systeme liessen sich aber technisch und betrieblich so konzipieren, dass Betrug sehr schwierig werde und sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nachweisen lasse. Wichtig sei dabei die Verifizierbarkeit der künftigen Systeme.
Während der Zertifizierung der Systeme keine entscheidende Bedeutung beigemessen werde, sei die öffentliche Überprüfung wichtig. Allerdings empfehlen die Experten, künftig nicht mehr einzelne öffentliche Intrusionstests durchzuführen, wie dies die Post im Februar 2019 machte. Stattdessen empfehlen sie Hackathons oder ein ständig laufendes Bug-Bounty-Programm, bei dem finanziell belohnt werde, wer einen Fehler finde.
Offenlegung und unabhängige Fachpersonen
Weiter halten die Experten die Transparenz für eine Voraussetzung für eine wirksame öffentliche Überprüfung. "Bei der Offenlegung des Quellcodes sollte nach Ansicht der Expertinnen und Experten auf eine Geheimhaltungserklärung unbedingt verzichtet werden", heisst es in der Zusammenfassung der Gespräche. Zusätzlich zum Quellcode sollen auch alle Unterlagen offengelegt werden, die nötig sind, um zu verstehen, wie das System funktioniert. Zudem soll es möglich sein, das zu überprüfende System auf eigenen Rechnern zu testen.
Schliesslich empfehlen die befragten Experten, künftig regelmässig unabhängige Fachpersonen aus Wissenschaft und Praxis laufend in die Konzeption, Entwicklung und Prüfung von E-Voting-Systemen einzubeziehen. Dabei sollten auch sozialpolitische Themenbereiche stärker beachtet werden.
Noch ist nicht entschieden, wann und in welcher Form die Schweiz einen neuen Versuch mit E-Voting startet. Bund und Kantone nutzen gemäss Mitteilung die Ergebnisse aus dem Expertendialog "bei den laufenden Arbeiten an den rechtlichen und technischen Grundlagen des E-Voting-Versuchsbetriebs, die derzeit überarbeitet werden". Zu gegebener Zeit werde der Bundesrat über eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs entscheiden.
Die Geschichte des E-Votings in der Schweiz begann schon vor mehr als 20 Jahren. Was seither alles geschah und warum längst nicht alle Experten optimistisch in die Zukunft blicken, lesen Sie hier.