KI gegen Corona

Algorithmen reichen zur Diagnose von Covid-19 nicht aus

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von Rodolphe Koller und Übersetzung: Ludovic de Werra, ml

Seit einem Jahr entwickeln Spezialisten Algorithmen zum Screening von Covid-19. Dabei liegt der Fokus vor allem auf Lungenröntgenbildern. Eine Metastudie zeigt, dass diese Entwicklungen generell zu viele Mängel für den klinischen Einsatz aufweisen und fordert mehr Zusammenarbeit mit Fachkräften.

(Source: metamorworks / iStock.com)
(Source: metamorworks / iStock.com)

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Algorithmen, um infizierte Personen auf Grundlage verschiedener Daten zu diagnostizieren. Der rote Faden bei diesen Entwicklungen bildet die Suche nach Alternativen zum PCR-Test. Diese Alternativen sollen nicht nur genauer, sondern auch besser zugänglich sein. Ein Team an der ETH Lausanne etwa entwickelte nun einen Algorithmus, der eine Infektion anhand eines Hustengeräuschs diagnostiziert. Einen anderen Weg geht das Schweizer Start-up Ava. Es evaluiert das Potenzial seines Fruchtbarkeitsarmbands zur Erkennung von infizierten Personen. Ausser der Diagnose von Hustengeräuschen oder physiologische Daten von einem Armband, bietet nun die Bildgebung der Lunge eine weitere Möglichkeit.

Inselspital Bern forscht an Einsatz von KI

So veröffentlichte ein Team der Universität Bern und des Berner Inselspitals, das kürzlich ein Zentrum für den Einsatz von KI in der Medizin gründete, im vergangenen November eine Studie zur Erkennung von Covid-19. Trainiert auf einem Korpus von fast 8000 Torso-Röntgenbildern, übertraf der von den Forschern entwickelte Algorithmus menschliche Spezialisten mit 97 Prozent korrekter Diagnose, verglichen mit 53 Prozent für Radiologen. "Die Radiologinnen und Radiologen sind erfahrungsgemäss gut im Erkennen einer Abnormität - "normale Lunge" gegenüber "erkrankte Lunge". Darin waren sie auch fast gleich gut wie die KI. Aber in der Einteilung der Pneumonien in Covid- und Nicht-Covid-Fälle war der Computer weit überlegen. Das legt den Schluss nahe, dass der Computer auf den Bildern etwas erkennen kann, das dem menschlichen Auge entgeht. Diesem Aspekt wird in kommenden Forschungsvorhaben noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Im Zusammenwirken einer KI-gestützten Bildanalyse und der ärztlichen Expertise holen wir das Optimum aus den neuen Technologien heraus", kommentiert Professor Andreas Christe, Leiter der Radiologie am Inselspital.

Studien sind oft nicht streng genug

Die Berner Bestrebungen sind kein Einzelfall. Forscher der University of Cambridge identifizierten über 2200 Studien, die im letzten Jahr veröffentlicht wurden und maschinelles Lernen zur Erkennung von Coronavirus-Infektionen in Röntgenbildern und Lungenscans verwendeten.

Nach Analyse der 62 überzeugendsten Studien ziehen die britischen Forschern in ihrer Arbeit: "Common pitfalls and recommendations for using machine learning to detect and prognosticate for Covid-19 using chest radiographs and CT scans" allerdings ein wenig schmeichelhaftes Fazit:

"Aufgrund methodischer Mängel und/oder zugrundeliegenden Verzerrungen verfügt keine der Studien über klinischen Nutzen. Dazu gehören etwa Mängel in Bezug auf Bilddaten (Zuverlässigkeit und Verzerrung der Quellen, Aggregation disparater Datensätze) als auch die vorschnell eingesetzten Methoden (Verwendung nicht repräsentativer Populationen, Nichtberücksichtigung von Testfehlern)".

Das Inselspital legt Wert darauf, dass die aktuell in Bern durchgeführte Studie nicht Teil der britischen Untersuchungen war, wie die Kommunikationsabteilung des Spitals mitteilt.

Fachnähe verbessert die Zusammenarbeit

Ausser den Empfehlungen zur Behebung technischer Unzulänglichkeiten fordern die britischen Forscher die Entwickler zu einer engeren Zusammenarbeit mit Fachkräften auf: "Die komplexe Verknüpfung jedes KI-Algorithmus zur Erkennung, Diagnose oder Prognose von Covid-19-Infektionen mit einem klaren klinischen Bedarf ist für eine erfolgreiche Anwendung unerlässlich. Die Entwicklung von KI-Algorithmen erfordert daher komplementäres, rechnerisches und klinisches Fachwissen sowie qualitativ hochwertige Gesundheitsdaten. Aussagekräftige Bewertungen über den Algorithmus erfolgen am ehesten in klinischen Umgebungen." Genau darauf achteten die Forschenden am Inselspital, wie dessen Kommunikationsabteilung mitteilt.

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