Digitale Souveränität

EU will 43 Milliarden Euro in die Halbleiterindustrie pumpen

Uhr
von Yannick Chavanne und Übersetzung von René Jaun

Die EU hat ein Massnahmenpaket zur Stärkung ihrer digitalen Unabhängigkeit beschlossen. Mit Investitionen von bis zu 43 Milliarden Euro will sie die europäische Halbleiterindustrie fördern.

(Source: vishnumaiea / Unsplash)
(Source: vishnumaiea / Unsplash)

Die EU-Kommission hat mehrere Massnahmen zur Stärkung der digitalen Souveränität Europas auf den Weg gebracht. Insbesondere will die EU ihre Abhängigkeit von den Ländern verringern, die die weltweite Produktion von Computerchips dominieren, namentlich China und den Vereinigten Staaten. Das von der EU-Kommission dazu vorgelegte Gesetzgebungspaket namens "Chips Act" sieht öffentliche und private Investitionen in die Halbleiterindustrie in Höhe von über 43 Milliarden Euro vor. Ihr Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit Europas in diesem Bereich zu stärken und den derzeitigen Marktanteil bis 2030 auf 20 Prozent zu verdoppeln.

Man wolle "auf künftige Störungen der Lieferketten schnell reagieren, sie antizipieren und ihnen vorbeugen" können, erklärt die EU-Kommission. "Wir sollten nicht von einem einzelnen Land oder einem einzelnen Unternehmen abhängig sein, um unsere Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Wir müssen gemeinsam mehr tun - in den Bereichen Forschung, Innovation, Design und Produktionsanlagen -, um sicherzustellen, dass Europa als Schlüsselakteur in der globalen Wertschöpfungskette stärker wird", sagte Margrethe Vestager, geschäftsführende Vizepräsidentin für für Wettbewerb und Digitales.

Produktion ausbauen, Start-ups unterstützen

Laut dem Chips Act sollen 11 Milliarden Euro in die Bereiche Forschung, Entwicklung und Innovation fliessen. Die Gelder sollen etwa für die Einrichtung von Pilotlinien zur Herstellung von Prototypen oder die Erprobung und das Testen neuer Geräte verwendet werden. Weiter dienen die Mittel dazu, "Mitarbeiter zu schulen und ein tieferes Verständnis des Ökosystems und der Wertschöpfungskette der Halbleiterindustrie zu entwickeln".

Darüber hinaus soll ein neuer Gesetzesrahmen die Versorgungssicherheit gewährleisten, indem Investitionen angezogen und die Produktionskapazitäten ausgebaut werden. Und ein mit 2 Milliarden Euro gefüllter Fonds soll Start-ups finanzieren, die in diesem Sektor tätig sind.

Das Gesetz sieht weiter vor, dass sich Mitgliedstaaten und EU-Kommission bei der Überwachung der Halbleiterproduktion absprechen, insbesondere um Schwächen und Engpässe erkennen zu können.

Entwicklung digitaler Gemeingüter

Im Rahmen der Konferenz "Aufbau der digitalen Souveränität Europas" stellten EU-Mitgliedstaaten weitere Massnahmen vor. Frankreich, welches aktuell den EU-Ratsvorsitz inne hat, teilte die Gründung einer Arbeitsgruppe von 16 EU-Staaten mit. Sie soll die Entwicklung digitaler Gemeingüter in der Europäischen Union begleiten.

Ihr Ziel sei es, die Abhängigkeit der EU "von Hardware-Infrastrukturen und Software, die in geschlossenen, monopolistischen oder systemischen digitalen Ökosystemen entwickelt werden", zu verringern. Die Initiative werde gemeinsame und als Open Source verfügbare Technologieelemente in strategischen Segmenten sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene finanzieren, erläuterten die französischen Behörden.

Auch über den Digital Services Act (DSA) und den Digital Markets Act (DMA) sprachen die Teilnehmenden der Konferenz,. Mit den beiden Verordnungsentwürfen will die EU die Haftung grosser digitaler Plattformen gesetzlich verankern.

Ebenfalls diskutiert wurde die Stärkung einer europäischen Industriestruktur im Bereich der Cloud. Hier ging es insbesondere um das Projekt GAIA-X, das Gegenstand interner Spannungen ist.

Darüber hinaus werden zwölf Mitgliedstaaten ein "wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse" (Englisch: "Important Project of Common European Interest", und mit IPCEI abgekürzt) im Bereich Cloud- und Edge-Computing durchführen. Bis zu 7 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten EU-Fördermitteln können für diese länderübergreifende Initiative mobilisiert werden.

Auch die Schweizer Firma Vereign ist in GAIA-X involviert. Gemeinsam mit DAASI International bildet sie ein Bieterkonsortium und ist für drei Projekte verantwortlich. Mehr dazu lesen Sie hier.

Webcode
DPF8_245707