So viel Energie verschleudern Schweizer Rechenzentren
Der Betrieb von Serverräumen und Rechenzentren ist sehr stromintensiv. Eine Studie zeigt jedoch, dass sich rund 45 Prozent des Verbrauchs mit geeigneten Massnahmen einsparen liessen.
Mit rund 2100 Gigawattstunden waren Serverräume und Rechenzentren (RZ) im Jahr 2019 für etwa 3,6 Prozent des hiesigen Stromverbrauchs verantwortlich, wie eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie BFE zeigt. Damit benötigen sie jährlich fast ebenso viel Strom wie 450'000 Haushalte.
Nebst den RZ-Dienstleistern, die beispielsweise Rackspace, Server, Speicher oder Applikationen vermieten, tragen vor allem sehr grosse und spezialisierte firmeninterne Rechenzentren zum hohen Bedarf bei. Letztere werden hauptsächlich von Forschungseinrichtungen sowie in Unternehmen aus der Finanz-, Versicherungs- und Gesundheitsbranche betrieben. Der hohe Energiebedarf ist darauf zurückzuführen, dass in Rechenzentren permanent stromintensive IT-Prozesse laufen. Gleichzeitig fällt ein Grossteil der dort hineingesteckten Energie unmittelbar wieder als Abwärme an. Diese wird in der Regel aufwendig durch die gebäudetechnische Infrastruktur ungenutzt wieder abgeführt.
Unterschiedliches Bewusstsein
Wie die BFE-Studie zeigt, könnten die RZ durch geeignete Effizienzmassnahmen jedes Jahr knapp 1000 Gigawattstunden einsparen – also beinahe die Hälfte ihres Stromverbrauchs. Eine weitere Erkenntnis aus der Studie ist, dass bei den RZ-Dienstleistern das Bewusstsein für Energieeffizienz bei der gebäudetechnischen Infrastruktur höher ist als bei den unternehmensinternen RZ. Die RZ-Dienstleister haben in der Vergangenheit auch schon mehr konkrete Massnahmen umgesetzt (siehe Grafik). Dazu gehören die Einhausung von Servern oder die Trennung von Warm- und Kaltgang sowie die (teilweise) Nutzung von Free-Cooling. Auch IT-seitig wurden bereits nennenswerte Fortschritte erzielt, insbesondere durch den Einsatz von energieeffizienteren Speichern (SSD) und durch eine verbesserte Auslastung infolge zunehmender Virtualisierung.
RZ-Dienstleister haben in der Vergangenheit mehr Effizienzmassnahmen umgesetzt als Unternehmen bei ihren firmeninternen RZ. (Source: Studie "Rechenzentren in der Schweiz - Stromverbrauch und Effizienzpotenzial")
Ungeachtet dieser Fortschritte bleibt das Sparpotenzial hoch. Sowohl bei der gebäudetechnischen als auch bei der IT-Infrastruktur kommen verschiedene Massnahmen infrage, um die Energieeffizienz zu erhöhen (siehe Infobox). Dabei empfiehlt es sich auch, ein kontinuierliches Energiemonitoring zu etablieren. Bevor aber Massnahmen geplant und umgesetzt werden, sollten die Betreiber die Energieeffizienz ihrer gebäudetechnischen Infrastruktur (angegeben als Power Usage Effectiveness, PUE) und ihrer IT-Infrastruktur (Kennzahl IT Infrastructure Efficiency Index, ITIE) kennen.
Schweiz als attraktiver Standort
Verschiedene Trends dürften der Untersuchung zufolge dazu führen, dass der Strombedarf für Rechenzentren und Serverräume in der Schweiz in den kommenden Jahren weiter zunimmt. So haben steigende Anforderungen an die Sicherheit und den Datenschutz die Schweiz für grosse Cloud-Anbieter attraktiver gemacht. Kürzlich haben sich bereits namhafte Unternehmen in der Schweiz angesiedelt und sind daran, ihre Aktivitäten auszubauen. Auch Faktoren wie die politische Stabilität, die Verfügbarkeit von Fachkräften, die sichere Stromversorgung und die zentrale Lage in Europa prädestinieren den Standort Schweiz für den Bau und Betrieb neuer Rechenzentren. Gleichzeitig wird das Datenvolumen durch die digitale Transformation (Big Data, IoT, Industrie 4.0, Cloud-Computing und so weiter) stark wachsen und die Nachfrage nach leistungsstarken Rechenzentren weiter vorantreiben.
Die BFE-Studie geht davon aus, dass diese Entwicklungen den Strombedarf der Rechenzentren hierzulande von heute 2100 mittelfristig auf bis zu 3500 Gigawattstunden pro Jahr steigen lassen könnten. Daher ist es umso wichtiger, dass das Einsparpotenzial möglichst gut ausgeschöpft wird. Die Autoren der Studie empfehlen, dass Bund und Kantone eng mit der Branche und mit den Gemeinden zusammenarbeiten, um die Effizienzentwicklung zu fördern und den Nachfrageanstieg zu dämpfen.
Know-how und Förderbeiträge
Ein wichtiges Instrument, um das vorhandene Sparpotenzial möglichst auszuschöpfen, ist das nationale Förderprogramm PUEDA+. Es wurde im Februar 2021 lanciert und verfolgt das Ziel, die Betreiber von Serverräumen und Rechenzentren in der Schweiz bei der Planung und Umsetzung von Energieeffizienzmassnahmen zu unterstützen. Finanziert wird PUEDA+ vom BFE über dessen Instrument "ProKilowatt".
Wer bei PUEDA+ teilnimmt, profitiert nicht nur vom Know-how der beteiligten Fachleute, sondern auch von namhaften Förderbeiträgen. Ihre Höhe hängt von der Stromeinsparung ab, die durch geeignete Massnahmen erreicht wird. Pro gesparter Kilowattstunde (gerechnet auf ein Jahr) werden einmalig bis zu 40 Rappen (gebäudetechnische Infrastruktur) respektive 13 Rappen (IT-Infrastruktur) ausbezahlt.
Teilnahmebedingungen
Die Teilnahme am Förderprogramm ist im Wesentlichen an zwei Bedingungen geknüpft. Zum einen muss das Rechenzentrum respektive der Serverraum bereits bestehen – Neubauten sind also von der Förderung ausgenommen. Zum anderen muss die installierte Leistung der IT-Infrastruktur mindestens 25 kW betragen.
Bei den Massnahmen wird unterschieden zwischen jenen an der gebäudetechnischen Infrastruktur und an der IT-Infrastruktur. In beiden Bereichen sind Effizienzsteigerungen von 15 bis 50 Prozent möglich. Anmelden für das Förderprogramm kann man sich auf der Website www.puedaplus.ch, wo zudem verschiedene Tools zur Verfügung stehen. Dazu gehören beispielsweise ein Effizienzrechner, mit dem man die Effizienz und das Stromsparpotenzial eines Rechenzentrums prüfen kann, oder ein Beitragsrechner, mit dem sich die zu erwartenden Förderbeiträge abschätzen lassen. Zudem hilft ein Wirtschaftlichkeitsrechner dabei, die finanziellen Auswirkungen von Massnahmen zu prüfen.
Methodik der Studie
Die Ergebnisse der BFE-Studie basieren auf einer Online-Erhebung, die von TEP Energy und der Hochschule Luzern (HSLU) entwickelt wurde. Erhoben wurden relevante Daten zur Abschätzung des Stromverbrauchs. Dazu gehören beispielsweise die installierte IT-Leistung, die Kennzahl PUE (Power Usage Effectiveness) oder auch die Auslastung. Zur Erhebung gehörte auch die Beschreibung von bereits durchgeführten Energieeffizienz-Massnahmen. Die teilnehmenden Unternehmen wurden in drei Segmente eingeteilt: RZ-Dienstleister, Betreiber von internen RZ in grossen Unternehmen und Betreiber von internen RZ und Serverräumen in KMUs. Die Nettorücklaufquoten der Erhebung betrugen je nach Segment zwischen 22 und 39 Prozent. Die Angaben der Teilnehmenden wurden mittels verschiedener statistischer Modelle auf die Schweiz hochgerechnet. Die Studie kann unter www.puedaplus.ch kostenlos heruntergeladen werden.