9 Recruiting-Tipps

So rekrutieren Firmen IT-Spitzentalente

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von Maximilian Schenner und cla

Der Fachkräftemangel erschwert die Rekrutierung hochqualifizierter IT-Fachkräfte. Mit neun Tipps von "CIO.com" soll es leichter Fallen, Spitzen-Personal zu lukrieren. Gefordert sind unter anderem das eigene Netzwerk, die Unternehmenskultur und Flexibilität.

(Source: aFotostock/AdobeStock.com)
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Rekrutierung und Einstellen von IT-Fachkräften zählt zu den grössten Herausforderungen für Führungskräfte in diesem Feld - in Zeiten des Fachkräftemangels erst recht. Das Portal "CIO.com" hat neun Tipps zusammengefasst, mit denen es leichter fallen soll, hochqualifizierte Mitarbeitende anzuwerben. Dafür befragte die Plattform technische Führungskräfte, technische Personalvermittler und CIOs.

1. Marketing 

"Viele Unternehmen machen den Fehler, sich auf Stellenausschreibungen zu verlassen", wird Nancy Drees, CEO des technischen Personalvermittlers Vacare Group, zitiert. "Das wird nicht funktionieren." Talentierte technische Mitarbeiter würden nicht online nach einem Job suchen.

"Schaffen Sie eine Marke und einen Ruf, um diese Art von Talenten für Ihre Arbeit und die Kultur Ihres Unternehmens zu gewinnen", sagt Drees weiter. "Das können LinkedIn-Inhalte oder Artikel sein, die Sie auf Ihrer Unternehmensseite veröffentlichen." Auch Berichte in den Nachrichten über das Unternehmen sein oder Postings über die Firma in sozialen Medien von Kunden und Mitarbeitenden könnten dazu beitragen.

"Hochqualifizierte IT-Profis von heute wollen für ein Unternehmen arbeiten, das ihren Werten entspricht, eine sinnvolle Tätigkeit ausüben und flexibler sein als je zuvor", sagt auch der Technologie-Karriereberater Kyle Elliott gegenüber "CIO.com". "Wenn Sie Ihre Marketingstrategie für die Personalbeschaffung aktualisieren, fügen Sie ein Storytelling-Element hinzu, das Erzählungen von IT-Mitarbeitern einbezieht, die über die Werte und die Kultur Ihres Unternehmens sprechen."

2. Unternehmenskultur

Es lasse sich jedoch keine Kultur vermarkten, die es nicht gibt, schreibt "CIO.com". Mahmood Majeed, Managing Partner und globaler Leiter des Digital- und Technologiegeschäfts von ZS, rät daher zunächst zum Aufbau einer Unternehmenskultur, "die Talente fördert und technischen Mitarbeitern Zeit und Ressourcen bietet, um ihre Ziele zu erreichen", wie es heisst. "Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, zu wachsen, zu reifen und sich weiterzuentwickeln", wird Majeed zitiert. Auch Flexibilität bei der Arbeit spiele dabei eine grosse Rolle. 

Die Schaffung einer förderlichen Kultur könne in weiterer Folge auch zur Mitarbeiterbindung beitragen, sagt Gil Pekelman, Mitbegründer und CEO von Atera. "Eine Unternehmenskultur, die den Mitarbeitern das Gefühl gibt, wertgeschätzt zu werden und ein starkes Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit zu haben, kann dazu beitragen, Mitarbeiter langfristig zu halten."

3. Anforderungen an Bewerberinnen und Bewerber

Viele Stellenausschreibungen in der IT-Branche verlangen von Bewerberinnen und Bewerbern bestimmte höhere Abschlüsse oder technische Abschlüsse. IT-Führungskräfte würden dies jedoch zunehmend überdenken, schreibt "CIO.com". Fast die Hälfte würde inzwischen einen Ansatz verfolgen, der die Fähigkeiten in den Vordergrund stellt und auch auf Ausbildung und Berufserfahrung verzichtet, heisst es unter Berufung auf einen Bericht von HireVue. Diese Strategie vergrössere den verfügbaren Talentepool und könne ausserdem zur Diversität im Unternehmen beitragen. 

"Ich habe einen Mann eingestellt, der aus dem Finanz- und Rechnungswesen kam", zitiert "CIO.com" Seth Dobbs, CTO bei Bounteous. "Er hatte einen ganz anderen Hintergrund, aus dem er schöpfen konnte, und brachte eine Vielfalt von Gedanken in die Organisation ein. Er hatte oft eine völlig andere Sichtweise auf die Dinge, die sehr produktiv war."

Stichwort Vielfalt: Wie Firmen mehr Frauen für die IT gewinnen, lesen Sie hier.

4. Talente dort suchen, wo sie "zuhause" sind

"Die Leute fragen mich, warum sie keine Bewerber bekommen", sagt Nancy Drees von Vacare. "Meine Antwort ist: 'Sie hängen nicht dort ab, wo diese Leute leben.'" Fachkräfte im IT-Bereich würden eben auf Open-Source-Lernplattformen, GitHub, Discord und Reddit "leben".

Hier könne man Mitarbeitende, beispielsweise Ingenieure, aus dem eigenen Unternehmen zu Rate ziehen, die solche Foren ebenfalls frequentieren. "Nutzen Sie die Ingenieure in Ihrem Team, die sich für die Herausforderungen begeistern, die sie lösen", wird Drees zitiert. "Ermutigen Sie sie, auf diesen Plattformen aktiv zu sein. Das wird das Interesse an Ihrem Unternehmen wecken."

5. Networking

Das eigene Netzwerk des Unternehmens und das seiner Angestellten nutzen, um neue Mitarbeitende zu finden, ist keine neue Idee. Es könne auch hilfreich sein, etwas Zeit, Geld und Personal in den gezielten Ausbau dieses Netzwerks zu investieren, schreibt "CIO.com". Die Talentsuche in Gemeinden, an Hochschulen oder auf Jobmessen seien offensichtliche Wege, um Fachkräfte zu finden.

Dies sei jedoch nicht genug, wird Heldin Lind, VP of People and Culture bei Testlio, zitiert - vor allem für Firmen, die auf einem globalen Markt tätig sind. Ihr Unternehmen rekrutiere weltweit - "und wir wissen, dass wir nicht jeden Kandidaten auf die gleiche Weise erreichen können", sagt Lind. Arbeitskultur, Bewerbungsgespräche und andere Aspekte im Einstellungsprozess könnten je nach Region stark variieren. Das Besuchen von Networking-Konferenzen während Auslandsaufenthalten könne dazu beitragen, rund um die Welt ein Netzwerk aufzubauen und lokale Märkte besser zu verstehen.

6. An ungewöhnlichen Orten suchen

"Wir versuchen, Talente an verschiedenen Stellen zu finden", sagt Dobbs von Bounteous. "Ich bin ein großer Fan von Bootcamps." Viele der Absolventen von Technologie-Bootcamps hätten in einem anderen Bereich angefangen. Sie würden vielleicht Abschlüsse - sogar fortgeschrittene Abschlüsse - mitbringen, die nichts mit Technik zu tun haben. Dadurch hätten sie eine andere Sichtweise, die sie mit den richtigen technischen Fähigkeiten zu hervorragenden, innovativen Teammitgliedern machen kann, wird Dobbs zitiert.

"Einige von ihnen verfügen über eine reifere Lebenserfahrung", erklärt Dobbs weiter. "Auch, wenn sie neu in der Entwicklung sind, bringen sie einen Reifegrad mit, den man bei einem frischgebackenen Hochschulabsolventen nicht immer findet."

Übrigens: Der Bund will es Firmen erleichtern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Drittstaaten einzustellen - auch in der IT-Branche. Hier erfahren Sie mehr dazu.

7. Kurzzeit-Engagements als Rekrutierungsstrategie

Viele Firmen stellen IT-Talente auf befristeter Basis an, wie Tim Rowley, COO und CTO beim Personaldienstleister PeopleCaddie erklärt - nicht nur, um einen kurzfristigen Bedarf zu decken, sondern auch als Rekrutierungsstrategie. 

"Ein hochqualifizierter Mitarbeiter verfügt vielleicht über sehr spezielle Fähigkeiten, die Ihr Unternehmen nur für eine kurze Zeit benötigt", erklärt Rowley. "Nehmen wir an, Sie führen eine SAP-Implementierung durch, die sechs Monate dauern wird. Nach Ablauf dieser Zeit brauchen oder wollen Sie vielleicht keinen sehr teuren SAP-Experten beschäftigen."

"Unternehmen gehen dies oft als Contract-to-Hire-Strategie an", erklärt Rowley. "Manchmal beginnt es auch mit einem einfachen Arbeitsvertrag, aber am Ende gefällt ihnen die Person und sie stellen sie schließlich in Vollzeit ein.

8. Das Bewerbungsgespräch

Mit dem Finden von Talenten ist es jedoch noch nicht getan. Im Bewerbungsgespräch könne noch einiges schiefgehen, schreibt “CIO.com”. Früher hätten sich Bewerberinnen und Bewerber ausführlich auf Interviews vorbereitet, während der Arbeitgeber “mit ein paar schlecht vorbereiteten Fragen hereinplatzte.” Diese Zeiten seien vorbei.

Einen talentierten und gut vorbereiteten Kandidaten solle man nicht mit alten Einstellungstaktiken abschrecken, heisst es weiter. "Ich verstehe, dass Sie wissen müssen, ob der Betreffende das tun kann, was er sagt", sagt Drees von Vacare. "Aber machen Sie Ihre Bewertungen kooperativ". Stundenlange Beurteilungen könnten potenzielle Mitarbeitende vergraulen. "Der Kandidat verschwindet aus dem Interviewprozess - und kehrt höchstwahrscheinlich zu Reddit oder GitHub zurück, um andere Leute zu warnen", schreibt "CIO.com". 

Dobbs von Bounteous empfiehlt stattdessen etwa, ein Problem auf einem Whiteboard darzustellen und dieses gemeinsam mit der Kandidatin oder dem Kandidaten zu diskutieren. Dies zeige  technische Fähigkeiten und Problemlösungskompetenzen auf, trage aber gleichzeitig zum gegenseitigen Kennenlernen bei.

9. Flexibilität

Menschen seien - vor allem, wenn sie viele Optionen haben - nicht mehr bereit, ihr Privatleben, ihr Glück und ihre Gesundheit für einen Arbeitsplatz zu opfern, schreibt “CIO.com” schliesslich. So sei etwa das Angebot einer Remote- oder Hybrid-Option zum jetzigen Zeitpunkt notwendig, sagten die meisten befragten Experten. "Wenn die Pandemie nichts anderes bewiesen hat, dann doch, dass unsere Mitarbeiter produktiv und kollaborativ sein und Dinge erledigen können, auch wenn sie nicht physisch in einem Büro sitzen", sagt etwa Claire Rutkowski, Senior Vice President und CIO Champion bei Bentley Systems.

Von zuhause aus zu arbeiten, ist für einige ein Produktivitäts-Boost, für andere jedoch ein Arbeitsdämpfer. Mithilfe eines bekannten psychologischen Modells zur Ermittlung des Persönlichkeitstyps können Forschende ziemlich genau sagen, zu welchem Lager jemand gehört - lesen Sie hier mehr dazu.

Aber auch ein Blick auf die Work-Life-Balance der Angestellten sei wichtig. "Nur selten überprüfen und aktualisieren Arbeitgeber ihr Leistungsangebot auf der Grundlage des aktuellen Klimas und der Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter", zitiert die Plattform Lizzie Burton, Executive Vice President of People and Culture bei Snow Software.

Zu zeigen, dass man sich um die psychische Gesundheit der Mitarbeiter kümmert, ist besonders aktuell. "Führungskräfte müssen aktiv darauf hinwirken, dass Maßnahmen zur Erhaltung der psychischen Gesundheit zur Routine ihrer Mitarbeiter gehören, um Burnout zu vermeiden und die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung zu erhalten", sagt Burton.
 

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