Psychologie und Praxis

Agilität und Resilienz im Fokus des 15. Cloud Talks von Glenfis

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von Marc Landis und tme

Was ist Resilienz, woher kommt sie, was passiert, wenn sie fehlt und wie kann sie in Teams gefördert werden? Und was haben Agilität und Resilienz miteinander zu tun? Das waren die Themen des 15. Cloud Talks von Glenfis in Zürich.

Nach den Präsentationen beantworteten die Referenten die Fragen der Gäste. (Source: Netzmedien)
Nach den Präsentationen beantworteten die Referenten die Fragen der Gäste. (Source: Netzmedien)

Beim 15. Cloud Talk, der am 13. November im Restaurant Clouds stattgefunden hat, rückte Veranstalterin Glenfis nicht die Cloud selbst in den Fokus, sondern ein Thema, das für den Erfolg jeder Organisation essenziell ist: Teamresilienz. In einer Reihe von Vorträgen präsentierten Fachleute psychologische Grundlagen, organisatorische Herausforderungen und praktische Erfahrungen, wie Resilienz auf individueller und kollektiver Ebene gefördert werden kann. Ausserdem erklärte ein Referent der Schweizerischen Post, was Agilität in der Führung des gelben Riesen bedeutet. Die rund 45 Gäste lauschten gespannt den Einblicken und Erkenntnissen der Referierenden und nutzten die anschliessende Podiumsdiskussion sowie den Apéro Riche, um das Gehörte weiter zu vertiefen.

Psychologische Grundlagen

Arbeits- und Organisationspsychologe Sven Grund eröffnete den Cloud Talk mit seinem Vortrag "Umgang mit Ambiguität als Führungskraft und Mitarbeitende" über die psychologischen Mechanismen hinter Führung und Verhalten. Im Zentrum stand das sogenannte Rubikon-Modell, das die Phasen von Entscheidungen – von Bedürfnissen über Intention bis zur Handlung – beleuchtet. Grund zeigte auf, wie die psychologischen Grundbedürfnisse wie Bindung, Autonomie und Kontrolle, Selbstwertschutz sowie Lustgewinn bzw. Unlustvermeidung das menschliche Verhalten unbewusst beeinflussen. Er wies darauf hin, dass es keine objektive Wirklichkeit gibt – alle konstruieren ihre eigene Realität. Diese Perspektive helfe, das Erleben von Mitarbeitenden besser zu verstehen, statt es zu negieren. Das Erleben und die Wahrnehmung jedes Einzelnen zu würdigen, sei eine entscheidende Grundlage für wirksame Führung. Laut Grund stellt Ambiguität kein Hindernis in der Führung dar, sondern biete eine Chance Führung dynamischer und vielfältiger zu gestalten.

Arbeits- und Organisationspsychologe Sven Grund sprach am Cloud Talk in seinem Vortrag über den "Umgang mit Ambiguität als Führungskraft und Mitarbeitende" (Source: Netzmedien)

Arbeits- und Organisationspsychologe Sven Grund sprach in seinem Vortrag über den "Umgang mit Ambiguität als Führungskraft und Mitarbeitende". (Source: Netzmedien)

Führung in der Transformation

Raphael Bauhofer, Business-Lead für Personal- und Organisationsentwicklung bei der Schweizerischen Post, gab Einblicke in die Transformation in der Führung des Unternehmens. Angesichts der dynamischen Anforderungen der VUCA-Welt setzt die Post auf agile Führung und eine neue Unternehmenskultur. Bauhofer erklärte, dass die Post als Organisation mit 47'000 Mitarbeitenden nicht nur auf Stabilität setzen kann, sondern sich durch Agilität und Anpassungsfähigkeit neu erfinden muss.
Dazu habe das Unternehmen ein Führungsverständnis etabliert, das die Rollen des Unternehmers, Coaches und Vernetzers kombiniere. In den letzten Jahren hat die Post auch mit holokratischen und soziokratischen Modellen experimentiert, die Führung auf mehrere Schultern verteilen, wie Bauhofer weiter sagte. Obwohl diese Ansätze nicht vollständig übernommen wurden, haben sich Elemente wie partizipative Entscheidungsfindung etabliert. Besonders in der IT-Abteilung, wo rund 800 Mitarbeitende nach Methoden wie Scrum, Safe und DevOps arbeiten, sind agile Prinzipien erfolgreich umgesetzt worden.

Raphael Bauhofer, Business-Lead für Personal- und Organisationsentwicklung bei der Schweizerischen Post, gab Einblicke in die Transformation in der Führung des Unternehmens. (Source: Netzmedien)

Raphael Bauhofer, Business-Lead für Personal- und Organisationsentwicklung bei der Schweizerischen Post, gab Einblicke in die Transformation in der Führung des Unternehmens. (Source: Netzmedien)

Mentale Stärke und Schutzfaktoren

Silvana Ulber von Resiliencia widmete sich in ihrem Vortrag "Bitte anschnallen, Turbulenz!" der individuellen Resilienz und ihrer Bedeutung für die psychische Gesundheit. Ulber stellte eindringlich fest, dass psychische Belastungen in der Schweiz zunähmen. Studien belegen demnach, dass sich der Anteil der Erwachsenen, die sich gesundheitlich beeinträchtigt fühlen, zwischen 2020 und 2022 von 22 auf 35 Prozent erhöht hätte. Psychische Erkrankungen würden zunehmend als ernsthafte Gesundheitsgefahr wahrgenommen. Ulber beschrieb Resilienz als das "Immunsystem der Seele" und plädierte für einen präventiven Ansatz. Während Resilienz 1.0 darauf abziele, nach Krisen zum ursprünglichen Zustand zurückzukehren, verfolge Resilienz 2.0 eine zukunftsorientierte Strategie. Prävention und Prophylaxe im Arbeitsumfeld sollen Resilienz aktiv zu fördern. Sie sei eine essenzielle Fähigkeit für Mitarbeitende, um Herausforderungen im Arbeitskontext zu begegnen und gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Ulber betonte auch, dass Resilienz keine statische Eigenschaft, sondern ein dynamischer Prozess sei, der durch regelmässiges Training und Reflexion gestärkt werde. Sie stellte ein Modell vor, das emotionale, kognitive und soziale Schutzfaktoren integriert, um Mitarbeitende in turbulenten Zeiten zu unterstützen. Führungskräfte, sagt Ulber, spielten dabei eine entscheidende Rolle: Sie müssten ein Umfeld schaffen, das psychologische Sicherheit bietet und Mitarbeitende ermutigt, sich mit sich selbst und ihren Herausforderungen auseinanderzusetzen.

Silvana Ulber von Resiliencia sprach in ihrem Vortrag über die Bedeutung der individuellen Resilienz für die psychische Gesundheit. (Source: Netzmedien)

Silvana Ulber von Resiliencia sprach in ihrem Vortrag über die Bedeutung der individuellen Resilienz für die psychische Gesundheit. (Source: Netzmedien)

Teamresilienz in der Praxis

Der letzte Vortrag des Cloud Talks, den Yvonne Schmidt, Consultant für organisatorische und kulturelle Transformationvon bei Glenfis und Massimo Tondini, Head of Helpdesk beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation, im Tandem bestritten, stellte unter dem Titel "Gemeinsam stark! #Teamresilienz" die Notwendigkeit resilienzstarker Teams für den unternehmerischen Erfolg heraus. Die Präsentationen zeigten auf, wie Resilienz auf Teamebene entwickelt werden kann.

Tondini berichtete etwa von seinem 30-köpfigen Team, das täglich bis zu 1000 Kundenanfragen bewältigen muss. Der Alltag im Helpdesk ist geprägt von hohem Druck, der auch innerhalb von Teams zu schlechter Stimmung und Konflikten führen kann. Durch gezielte Massnahmen wie Umfragen, Workshops und regelmässige "Teammeeting Specials" sei es aber möglich ein positiveres Klima zu schaffen. Besonders wirkungsvoll seien dabei Formate gewesen, die den sozialen Austausch förderten. Vor allem etwa gemeinsame Aktivitäten wie kleine, lockere Massnahmen könnten demnach oft mehr Wirkung zeigen als komplexe Programme.

Yvonne Schmidt ist Consultant für organisatorische und kulturelle Transformation bei Glenfis und sprach über die Funktion von Resilienz in Organisationen. (Source: Netzmedien)

Yvonne Schmidt ist Consultant für organisatorische und kulturelle Transformation bei Glenfis und sprach über die Funktion von Resilienz in Organisationen. (Source: Netzmedien)

Für Yvonne Schmidt funktioniert Resilienz auf drei Ebenen: individuelle Resilienz, als persönliche Fähigkeit, Herausforderungen und Krisen zu bewältigen; Teamresilienz als kollektive Fähigkeit eines Teams, flexibel auf Rückschläge zu reagieren und sich rasch zu erholen und organisationale Resilienz als Anpassungsfähigkeit einer Organisation angesichts von Veränderungen.

Auch beantwortete Schmidt die Frage, warum Teamresilienz als zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen gelte: Resiliente Teams zeichnen sich demnach durch eine stärkere Kooperation, höheres Engagement und gesteigerte Leistungsfähigkeit aus. Schmidt betonte, dass es Aufgabe von Führungskräften sei, ein Umfeld zu schaffen, in dem Teams effektiv mit Herausforderungen umgehen können.

Der 15. Cloud Talk verdeutlichte wie eng Psychologie, Organisation und Führung im Zusammenhang mit Agilität und Resilienz zusammenhängen. Resilienz ist dabei nicht nur ein persönlicher, sondern auch ein kollektiver Erfolgsfaktor – und ihre Entwicklung ist eine Investition in die Zukunft jeder Organisation. Mit einer Podiumsdiskussion und einem Apéro Riche aus, klang der Cloud Talk aus.

 

Lesen Sie hier über den 14. Cloud Taljk und warum KI für den Einsatz in Unternehmen unvermeidlich ist.

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