Open-i 2024

Wieso KI noch in den Kinderschuhen steckt

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von Dylan Windhaber und yzu

An der Premiere des Open-i-Events in Zürich haben Referierende über das heiss diskutierte Thema KI gesprochen. Dass KI die Arbeitswelt verändert, Europa sich insbesondere auf deren Anwendungen konzentrieren sollte und KI eigentlich noch am Anfang steht - diese und weitere Auffassungen bekamen das Publikum im Kongresshaus am Donnerstagnachmittag zu hören.

Open-i-Opening im Zürcher Kongresshaus. (Source: zVg)
Open-i-Opening im Zürcher Kongresshaus. (Source: zVg)

Was derzeit auch sonst in aller Munde ist, war auch bei der Premiere des Open-i Events im Kongresshaus in Zürich ein grosses Thema: die künstliche Intelligenz. Zum Auftakt des Nachmittags am 21. November begrüsste Moderatorin Sarah Andrina Schütz gemeinsam mit Corine Blesi von der NZZ die Gäste im Gartensaal. Blesi betonte dabei, dass die NZZ diesen Anlass als Plattform nutzen möchte, um einen Beitrag zum Thema KI zu leisten. 

Positive thinking - Wie generative KI unsere Welt verändert 

Um 13:50 Uhr ging es los mit der ersten Keynote von Digital-Stratege und Innovationsspezialist Maks Giordano. Der GenAI-Experte sprach darüber, wie generative KI unsere Welt - insbesondere die Geschäftswelt - neu erfindet. Laut Giordano führt KI nicht dazu, dass Unternehmen weniger Arbeitnehmende einstellen, sondern Arbeit mit KI-Tools anders angehen. Dass mittels KI bereits Gesichtsausdrücke von digitalen Klonen realitätsnah nachgebildet werden können, ist heute schon Wirklichkeit. "Wie lange dauert es wohl, bis ich meinen digitalen Klon in ein Teams-Meeting schicken kann?", fragte Giordano. Auch wenn nicht jedermann und jederfrau sich schon mal diese Frage gestellt hat: Genau das könnte bereits morgen Realität sein. 

KI entwickelt sich rasant: Heute können zum Beispiel bereits Telefonate in Echtzeit übersetzt werden. Letztens habe Giordano sogar bereits eine Maschine als Verhandlungspartner gehabt. Damit betont er seine Faszination für das Zusammenspiel von Entwicklungen - Menschen vernetzen sich mit Maschinen und Maschinen wiederum mit anderen Maschinen. Auch die Hardware-Revolution schreitet voran. Der Referent zeigte dem Publikum ein Video einer Gehörlosen, die ihr Leben lang auf eine nun erfundene Technologie gewartet hatte: eine Brille, die in Echtzeit Gesprochenes übersetzt. Damit hebt Giordano hervor, dass KI die Welt für viele verbessern kann, auch wenn sie teilweise auch für Grenzwertiges eingesetzt wird. Ein weiteres Video zeigte junge Schülerinnen und Schüler, die mit KI ihre Zukunftsträume visualisiert haben. Wie man mit KI bereits jungen Menschen ein "Stück Hoffnung und Zukunft mitgeben kann", sei faszinierend, sagt Giordano. KI-Tools sollen vor allem "die Kreativität fördern und nicht Kreativität ablösen". 

Maks Giordano spricht über die zukunftsändernde KI. (Source: zVg)

Maks Giordano, Digital Stratege und Innovationsspezialist und GenAI-Experte spricht über die zukunftsändernde KI. (Source: zVg)

Was bei der KI-Nutzung in Unternehmen wichtig ist: die gesamte Organisation bezüglich KI abzuholen. Es sei wichtig für Arbeitnehmende zu wissen, dass sie nicht von der Technologie abgelöst werden sollen. Man will lediglich Aufgaben an Maschinen outsourcen, die Arbeitnehmende vielleicht nicht mal gerne machen. KI soll also als Unterstützung dienen und nicht als Mensch-Ersatz. Dem Publikum gibt Giordano noch einen Rat mit: "Wenn Sie über die technologische Zukunft nachdenken - denken Sie positiv."

KI-Anwendungen im Europa-Fokus

In der zweiten Keynote sprach Sami Atiya, President Robotics and Discrete Automation Business bei der ABB, über KI in der Industrie. "Im tiefsten Herzen bin ich ein Forscher", sagte Atiya zu Beginn seines Vortrags. Beschäftigt hat er sich vor allem mit der Frage, was denn KI überhaupt ist. Denn eigentlich wäre ja bereits ein Taschenrechner eine künstliche Intelligenz. Zu dieser Thematik zeigt der Referent den Zuhörerinnen und Zuhörern eine "AI Timeline" - mit der Geburtsstunde der KI im Jahr 1950. Also kann KI doch gar kein Hype sein, oder? Aber ob Hype oder nicht: Wichtig ist dem Referenten, zu verstehen, was überhaupt hinter der ganzen Technologie steckt.

Zur Frage, ob Europa den Anschluss an der Entwicklung von KI verliert, stimmte das Publikum mittels einer Live-Umfrage übers Smartphone ab - das Ergebnis: Die Hälfte der im Saal Anwesenden denken, dass Europa den Anschluss bereits verschlafen hat. Atiya teilt diese Meinung auf gewisse Weise: "Der Zug in Europa ist bei Sprachmodellen bereits abgefahren", sagte er. Deshalb sollten wir uns in Europa auf die Anwendungen von KI konzentrieren. 

Sami Atiya, President Robotics and Discrete Automation Business bei ABB, erzählt von der Laufbahn der künstlichen Intelligenz. (Source: zVg)

Sami Atiya, President Robotics and Discrete Automation Business bei ABB, erzählt von der Laufbahn der künstlichen Intelligenz. (Source: zVg)

Einer Swissmen-Studie zufolge haben laut Atiya 72 Prozent der Befragten keine KI-Strategie in ihrem Unternehmen. Dazu erzählte Atiya von der Struktur, welche die ABB bei KI-Anwendungen nutzt: Eine erste Unterteilung in analytische oder generative KI-Technologie, eine Kategorisierung in interne oder externe Anwendung und eine Aufschlüsselung des KI-Projektstatus (implementiert, in Entwicklung oder Geplant/Ideen). Struktur hin oder her: An oberster Stelle muss laut Atiya die Technologienutzung für die Befriedigung von Kundenbedürfnisse stehen. Auch betonte er die Wichtigkeit, dass Unternehmen im Ökosystem zusammenarbeiten müssen - andernfalls werden diese seiner Meinung nach nicht lange überleben.

Das Geschäft mit der Stimme

Urs Hölzle, einer der ersten Google-Mitarbeiter (der Achte um genau zu sein), sprach im Interview mit Sarah Andrina Schütz über Large Language Models (LLMs). Die Befürchtung vieler, dass Sprachmodelle wie auch Roboter uns Menschen ersetzen würden, teilt Hölzle nicht. "Gute Regulierungen bei LLMs braucht es. Ich bin aber nicht sicher, ob wir diese schon haben", sagte der Googler. Man darf jedoch die Entwicklungen nicht zu sehr einschränken. Auch findet Hölzle: "Wenn man sich nur auf seine Ängste fokussiert, kann man Chancen verpassen". Klar kann heutzutage Sprache ohne menschliches Denken erzeugt werden, aber wenn es "mehr Autoren gibt, die gut schreiben, dann wird KI mit ihnen schreiben und nicht für sie". Die kommenden Jahre werden Hölzle zufolge Verbesserungen in den Anwendungen der Sprachmodelle bringen. Denn diese sind momentan "noch in den Kinderschuhen", auch wenn die Technologie bereits jetzt sehr gut ist. 

Urs Hölzle, Google Fellow, spricht über die Ängste der Menschen, von Sprachmodellen abgelöst zu werden. (Source: zVg)

Urs Hölzle, Google Fellow, spricht über die Ängste der Menschen, von Sprachmodellen abgelöst zu werden. (Source: zVg)

 

Dass KI die Schweiz im Rekordtempo erobert, zeigt eine Studie der Universität Zürich. Knapp die Hälfte der Schweizer Bevölkerung nutzt bereits KI-Tools. Mehr dazu lesen Sie hier

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