Elektronisches Patientendossier

Swiss E-Health Barometer: Es gibt noch viel zu tun

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Das Interesse an Gesundheitsthemen ist in der Schweiz hoch, und die Nachfrage nach elektronischen Fitness- und Gesundheitsangeboten steigt. Auch die Bekanntheit des elektronischen ­Patientendossiers (EPD) wächst. Trotzdem nutzt in den Pilotkantonen erst ein kleiner Teil der ­Bevölkerung das EPD. Gefordert sind nun die Kantone und die Gesundheitsfachpersonen. Das zeigen die Ergebnisse des Swiss E-Health Barometers 2017.

Der Swiss E-Health Barometer 2017 beleuchtet das Schweizer Gesundheitswesen. Erstellt hat die repräsentative Umfrage GFS Bern im Auftrag der Infosocietydays. Das Forschungsinstitut befragte 1206 Schweizer Stimmberechtigte, die eine oder mehr Landessprachen beherrschen, und 1691 Gesundheitsfachpersonen.

Nicht alle digitalen Kanäle sind im Aufwind

GFS Bern stellt fest, dass das Interesse an Gesundheitsthemen in der Schweiz leicht abnimmt, aber immer noch hoch ist. Rund zwei Drittel der Befragten informieren sich über Gesundheitsfragen im Radio, Fernsehen und mittels Tageszeitungen. Die klassischen Medien verloren allerdings leicht an Bedeutung. Im Aufwind sind dafür Gesundheits-Apps und Portale im Internet.

Die Mehrheit der Patienten tauscht sich mit Gesundheitsfachpersonen telefonisch oder persönlich aus. Weniger als ein Drittel tritt per E-Mail mit dem Arzt in Kontakt. Messenger-Dienste, soziale Medien und Videotelefonie sind in diesem Zusammenhang noch Randphänomene – auch bei Jungen.

Rund 62 Prozent der Patienten legen Wert darauf, bei ihrem Arzt via E-Mail oder Internet ein Rezept anfordern zu können. 56 Prozent wollen Arzttermine online reservieren können. Online­sprechstunden und die Möglichkeit, Notfallmeldungen übers Web auszulösen, sind hingegen weniger wichtig für die Arztwahl.

Bekanntheit des elektronischen Patientendossiers steigt

Gestiegen ist das Wissen um die Existenz eines elektronischen Patientendossiers (EPD), besonders bei jüngeren Befragten und solchen mit hoher Bildung. 35 Prozent gaben an, dieses Angebot zu kennen. Trotzdem wird das EPD in der bisher bekannten Form erst von 5 Prozent der Bevölkerung genutzt. 67 Prozent können sich allerdings vorstellen, es zu verwenden. Ob die Befragten mit EPD allerdings das Gleiche meinen wie die Kantone, ist unklar.

Um die Nutzung zu steigern, muss das EPD laut den Studienautoren bekannter und zugänglicher werden. Wer die elektronischen Angebote bereits verwende, sei meist zufrieden. Mit Ausnahmen: Die Zufriedenheit mit dem EPD, mit Apps für die Blutdruckmessung und mit dem schweizerischen Impfausweis sei rückläufig. Das seien Angebote, die über die letzten drei Jahre vermehrt genutzt worden seien. Mehr Nutzung ziehe auch mehr Kritik nach sich, heisst es in der Studie. Dahinter systematisch Misstrauen gegenüber E-Health zu vermuten, sei aber verfehlt.

Nur rund 22 Prozent der Stimmberechtigten sind dagegen, dass die Behandelnden ihre Daten untereinander austauschen. Immer mehr Patienten finden, es komme auf die Regeln an. Eine Mehrheit stützt die Einführung des EPD. Am deutlichsten befürworten sie Personen mit hoher Bildung. Am kritischsten zeigen sich über 74-jährige Deutschschweizer mit tiefem bis mittlerem Bildungsstand. «Es scheint, als ob Pilotprojekte in der Westschweiz einen positiven Effekt auf die Akzeptanz der Einführung hatten», schreiben die Autoren in ihrer Studie.

Die Kantone sind gefordert, die Ärzte skeptisch

National- und Ständerat verabschiedeten im Sommer 2015 das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier. Die Kantone müssen ihre Rechtsordnungen nun anpassen und gemeinsame Standards definieren. Hier gibt es laut den befragten Gesundheitsfachpersonen aber noch wenig Fortschritte. Der Anteil von ihnen, der die Lage kritisch beurteilt, nahm über die Zeit zu. «Fast scheint es, als würde man erst mit der näheren Auseinandersetzung wirklich erfassen, wie weit der noch zu beschreitende Weg überhaupt ist», heisst es in der Studie.

Eine Mehrheit aller Gruppen von Gesundheitsfachpersonen interessiert sich für E-Health. Das Verbesserungspotenzial für das eigene berufliche Umfeld erschliesst sich ihnen aber nicht mehr als vor einigen Jahren. Während IT-Fachkräfte in grösseren Institutionen wirkungsvolle Motoren für die Umsetzung von

E-Health in der Schweiz sind, reagiert die Praxisärzteschaft deutlich zögerlicher – nicht zuletzt auch wegen Bedenken im Zusammenhang mit dem Datenschutz. Dabei sei die Rolle der Ärzteschaft für den Erfolg von E-Health in der Schweiz essen­ziell, konstatieren die Studienautoren. Die Ärzteschaft sei auch die Gruppe der Gesundheitsfachpersonen, die das geringste Potenzial durch E-Health sehe.

Swiss E-Health Barometer

Der Swiss E-Health Barometer misst seit 2010 die Entwicklung von E-Health in der Schweiz. Das Forschungsinstitut GFS Bern befragt dafür jährlich die Leistungserbringer und die Bevölkerung. Die Befragung der Leistungserbringer zeigt den Stand von E-Health-Anwendungen in Spitälern, Heimen, Arztpraxen, Apotheken und bei der Spitex auf. Die Befragung der Bevölkerung gibt über den Informationsstand über E-Health und das elektronische Patientendossier Aufschluss. Der Swiss E-Health Barometer zeigt zudem, was Patienten über den Austausch von medizinischen Daten und weitere E-Health-Anwendungen denken.

Studieninitianten sind die Infosocietydays und folgende Partner: Ärztekasse, Bundesamt für Gesundheit BAG, Curaviva Schweiz, E-Health Suisse, FMH, Gesundheitsdepartement Kanton St. Gallen, Gesundheitsdirektion Kanton Zürich, Pharmasuisse, Spitex Schweiz und IG E-Health.

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