Das neue Nachrichtendienstgesetz steht in der Kritik
Der Nationalrat behandelt das umstrittene Nachrichtendienstgesetz. In einem offenen Brief stellt sich die Digitale Gesellschaft gegen das geplante Gesetz.
Am kommenden Montag und Dienstag, 16. und 17 März, wird der Nationalrat über das neue Nachrichtendienstgesetz befinden. Damit flammt die Kritik, die schon seit Jahren schwelt, wieder neu auf: Die Digitale Gesellschaft (DG) bezeichnet die Massnahmen des geplanten Gesetzes in einem offenen Brief als "unverhältnismässige Eingriffe in die Grundrechte" und äussert sich zudem kritisch zur Kabelaufklärung.
Die Kabelaufklärung würde dem Nachrichtendienst des Bundes ermöglichen, "grenzüberschreitende Signale aus leitungsgebundenen Netzen zu erfassen", heisst es in dem Brief weiter, den die DG zusammen mit Amnesty International und der Stiftung für Konsumentenschutz SKS verfasst hat.
Der Nachrichtendienst würde also alle Datenströme anzapfen können, die von der Schweiz ins Ausland fliessen, so die DG. Da der Grossteil der Internetaktivitäten in der Schweiz über das Ausland stattfinde, wären alle von dieser Überwachung betroffen. Zudem hätte der Nachrichtendienst nicht "bloss" auf Metadaten Zugriff, sondern auf sämtliche Inhalte der elektronischen Kommunikation wie Mails, Suchanfragen oder Internet-Telefonie.
Schweiz als Schnüffelstaat?
Die Kritik der DG zeichnet damit ein düsteres Bild von einem Schnüffelstaat, der unschuldige Bürger wahllos ausspionieren kann. Sie steht damit nicht alleine da: Auch Andreas von Gunten, Präsident der Digitalen Allmend, hat es schon des Öfteren scharf kritisiert. Die Grünen beispielsweise stellten sich bereits mehrmals gegen das Nachrichtendienstgesetz und tun dies jetzt wieder. Zudem hat der Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) letzten Mittwoch gemäss einem vorgängigen Beschluss der Grünen Fraktion einen Einzelantrag zur Streichung der Kabelaufklärung eingereicht.
Allerdings ist die Kritik der DG auch eine sehr einseitige Darstellung der Dinge. Denn ganz so einfach ist die Sache in der Realität dann doch nicht: Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) teilte der Redaktion vor einem Jahr auf Anfrage mit, dass die Massnahmen des geplanten Nachrichtendienstgesetzes nur im Fall von Terror-, Spionage- oder Proliferationsabwehr durchgeführt werden dürften und auch erst, nachdem ein Bundesverwaltungsgericht, der Sicherheitsausschuss des Bundesrates und der Chef des VBS dies bewilligt habe. Diese Regelung gilt immer noch. Ob dies allerdings auch für die Kabelaufklärung gilt, muss die Redaktion erst abklären. Eine entsprechende Anfrage beim NDB ist hängig.
Update, 13.3., 17:30h: Der Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) könne nach geltender Rechtslage in der Schweiz weder in Computer eindringen noch den Fernmeldeverkehr überwachen, wie die Kommunikationsabteilung des NDB mitteilt. Im neuen Nachrichtendienstgesetz seien solche Massnahmen vorgesehen, allerdings nur unter sehr strengen Voraussetzungen und mit einem mehrstufigen, gerichtlichen und politischen Genehmigungsverfahren. Sie sollen laut dem NDB nur bei schweren Bedrohungen der inneren oder äusseren Sicherheit durch Terrorismus, Spionage, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und deren Trägertechnologie sowie Cyberangriffen auf kritische Informationsinfrastrukturen eingesetzt werden und beispielsweise nicht bei gewalttätigem Extremismus.
Weitere Informationen zum neuen Nachrichtendienstgesetz finden sich unter folgendem Link.