Pascal Sieber: "Dieses Jahr haben wir seit langem wieder Projekte, die Innovationen zeigen"
Beim Best of Swiss Web Award ist Pascal Sieber Jurypräsident der Kategorie "Digital Commerce". Im Interview erzählt er, wie sich der Schweizer Onlinehandel verändert, was ihn dieses Jahr überrascht hat und was er bei den Einreichungen vermisste.
Wie haben Sie die diesjährigen Jurytage erlebt?
Pascal Sieber: Die meisten Jurymitglieder der Kategorie "Digital Commerce" waren dieses Jahr zum ersten Mal dabei. Es war ein toller Tag mit interessanten Gesprächen und sehr hoher Entscheidkompetenz und Entscheidungswille.
Was macht die neue Kategorie "Digital Commerce" besonders spannend?
Digital Commerce fragt danach, wie, womit und wo mit digitalen Hilfsmitteln Wertschöpfung entsteht – und beschäftigt sich damit, wie Unternehmen Umsatz und Gewinn erwirtschaften. Das trifft einige der allerwichtigsten betriebswirtschaftlichen Fragestellungen.
Was hat Sie bei den Einreichungen überrascht?
Interessanterweise haben wir in diesem Jahr seit Langem wieder Projekte, die Innovationen zeigen. Ob das an der Benennung und den Kriterien der Kategorie liegt, kann ich nicht beurteilen. Das ist aber auf jeden Fall erfrischend.
Was haben Sie bei den Projekten vermisst?
Wir haben in der Schweiz einige Unternehmen, die sich im E-Commerce europaweit und sogar weltweit unter den Besten befinden. Für die Jurierung hatten wir nicht bei allen Projekten genügend relevante Informationen und mussten deshalb manchmal Abschläge machen. Das ist schade. Wer Projekte in der Kategorie "Digital Commerce" einreicht, sollte also auch zeigen, wie sich der "Digital Commerce" in seinem Projekt, in seiner Firma entwickelt.
Wie hat sich der Schweizer Onlinehandel in den vergangenen Jahren entwickelt?
Grundsätzlich nimmt der Onlinehandel immer noch zu, und zwar in allen Artikel- und Dienstleistungsgruppen. Viele Händler haben sich auch von der Multi-Channel-Problematik emanzipiert und wissen heute viel besser, wie und wo und mit welchen Mitteln eine Integration verschiedener Vertriebswege sinnvoll ist, und inwiefern eben nicht. Gleichzeitig ist die Internationalisierung, ja die Globalisierung fortgeschritten, bis hin zu Ausprägungen, die meines Erachtens ungesund sind. Der Druck auf die Schweizer Onlinehändler ist im Moment sehr gross.
Welche Technologietrends zeichnen sich ab?
Handel ist Wandel, aber Handel ist oft auch ein Massengeschäft. Im Massengeschäft sind Experimente selten erwünscht. Deshalb finden wir im Handel meistens bewährte und nur am Rande der Hauptprozesse allenfalls experimentelle Technologien. Die Innovation findet vielmehr in den Prozessen, in den Angebotsbündelungen, in den Geschäftsmodellen statt. Eine Ausnahme bilden die Datenanalysen. Derzeit sind erste Fortschritte zu beobachten. Der Trend geht weiter. IoT ist auch ein Thema, mit dem – respektive den Vorgängertechnologien – schon länger experimentiert wird. Aus dieser "Ecke" ist auch noch einiges zu erwarten.
Was braucht es, um in der Kategorie "Digital Commerce" gewinnen zu können?
Wer dank merklichen Schritten in der Digitalisierung seinen kommerziellen Erfolg steigern kann, hat Aussicht auf eine Auszeichnung.
Wie schwierig war es, einen Gewinner zu küren?
Von allen, die an diesem "Wettbewerb" mitmachen, gewinnt immer genau einer. Von allen, die nicht mitmachen, gewinnt immer genau keiner. Das ist recht einfach. Im Ernst: Wir haben wieder einen würdigen Gewinner wählen können. Die Wahl war nicht sehr umstritten. Es gab aber mehr als ein Projekt in der Endausscheidung.
Was war bei der Wahl des Siegers ausschlaggebend?
Die Pflicht ist, dass die Kriterien der Kategorie sehr gut erfüllt sind. Die Kür ist vielfältig. Ein ausschlaggebendes Element in unserer Jury ist jeweils die Frage: Hat das Projekt Aspekte verwirklicht, die wir als Jury in der Schweizer Webszene betonen und verbreiten wollen, weil wir der Meinung sind, dass diese Aspekte über die einzelne Anwendung hinaus nützlich sind.