Gamification in der Medizin

Wie die ZHAW mit Videogames Nackenschmerzen heilt

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von Christoph Bauer, Projektleiter «Valedo Nackentherapie», stellvertretender Leiter der Forschungsstelle Physiotherapiewissenschaft an der ZHAW

Mit Nackenbewegungen Monster verjagen: Die Zürcher Hochschule für Angewandte ­Wissenschaften entwickelt mit Partnern aus Industrie und klinischer Praxis ein System, das Nackentherapie mit Computerspielen verknüpft.

Nackenschmerzen sind ein weit verbreitetes Leiden. In der "Global Burden of Disease"-Studie des Institute for Health Metrics and Evaluation (University of Washington) rangierten sie 2013 auf dem vierten Platz der Beschwerden, die am häufigsten Behinderungen verursachen – noch vor den "Volkskrankheiten" Diabetes und Migräne. Eine einheitliche Therapie, um die Nackenbeschwerden zu lindern, gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Ursachen, zu vielfältig die Bedürfnisse der Betroffenen. Insbesondere bei Menschen mit einer gewohnheitsmässigen Fehlhaltung kann eine Feedback-basierte Physiotherapie nützlich sein. Aus diesem Grund entwickeln wir mit dem Projekt "Valedo Nackentherapie" ein computerbasiertes Trainingssystem.

Es soll eine individualisierte und günstige Therapie ermöglichen – und dabei erst noch Spass machen. Das System erfasst die Bewegungen der Patientin oder des Patienten und überträgt sie in ein Computerspiel. So muss mit gezielten Nackenbewegungen beispielsweise ein Lichtkegel gesteuert werden, um eine Spielfigur in einem dunklen Wald vor Monstern zu beschützen. Diese "Gamification" macht aus eher trockenen Übungen ein motivierendes Spiel und visualisiert die Bewegungen für die Betroffenen. Gleichzeitig wird die Haltung des Nackens analysiert. So können Fehlhaltungen, insbesondere der nach vorne geschobene Kopf – auch Schildkrötenhals genannt – sichtbar gemacht und korrigiert werden.

Dieser Fachbeitrag erschien im Special "IT for Health März 2019". Alle Inhalte des Heftes finden Sie hier.

Partner testeten in der Praxis

Zahlreiche Partner sind an dem von der Agentur für Innovationsförderung des Bundes Innosuisse mitfinanzierten Projekt beteiligt. Das ZHAW-Departement Gesundheit leitet und koordiniert es und testet die Prototypen in seinem Bewegungslabor, wo mit dem hochpräzisen Vicon-System der "Goldstandard" der Bewegungserfassung steht. Die ZHAW School of Engineering entwickelte auf Basis des Virtual-Reality-Tracking Systems von HTC die Hard- und Software einer laserbasierten Bewegungserfassung für einen Prototyp. Die auf roboter- und sensorgestützte Therapiegeräte spezialisierte Firma Hocoma wiederum steuerte als Industriepartner die Spielesoftware und für den zweiten Prototyp ihre bestehende Technologie mit tragbaren Bewegungssensoren bei.

Nicht zuletzt sind in das Projekt mit der Universitätsklinik Balgrist, Balgrist Move>Med, dem Kantonsspital Winterthur, dem Physiowerk Aadorf und der Medbase-Praxis Archhöfe mehrere Praxispartner involviert. Die enge Zusammenarbeit mit diesen Partnern ist entscheidend. Sie gaben von Beginn an wichtige Inputs für die Praxistauglichkeit des Systems: Welche Übungen und Bewegungs- Assessments müssen integriert werden? Was sind die Anforderungen an Tragekomfort und Gewicht der Bewegungssensoren?

Die Prototypen wurden von den Praxen und Kliniken zudem in einer mehrmonatigen Testphase in der Praxis eingesetzt. So gab es laufend Feedbacks, die zur weiteren Verbesserung des Systems beigetragen haben.

Nach etwas über zwei Jahren wird das Projekt diesen Frühling abgeschlossen. Dann entscheidet sich, welcher der zwei Prototypen das Rennen macht und – falls er zur Markreife weiterentwickelt wird – künftig dabei hilft, Nackenschmerzen zuhause oder in einer Klinik spielerisch zu therapieren.

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