Instant Payments: die neue Normalität
Instant Payments werden in den kommenden Jahren Bestandteil des Schweizer Zahlungssystems. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, Unternehmen und Banken davon profitieren. Ein zentrales Element dieser neuen Zahlungslösung bleiben die Systeme zur Zahlungsautorisierung.
Die Welt der elektronischen Zahlungen hat sich in den vergangenen Jahren in der Schweiz deutlich verändert. Zur etablierten Debit- und Kreditkarte kamen weitere Zahlungsmittel hinzu. So hat sich Twint, ein App-basiertes bargeldloses Zahlungssystem, innerhalb kurzer Zeit zum führenden Mobile-Payment-System der Schweiz entwickelt (siehe Interview ab Seite 18). Auch Anbieter wie Mastercard oder Visa haben ihre Debitkarten um Kreditkartenfunktionen erweitert, sodass Nutzerinnen und Nutzer weltweit online, mobil und kontaktlos bezahlen können – und dabei einen tagesaktuellen Überblick über ihre getätigten Ausgaben behalten. Auch die Daten der physischen Debitkarten lassen sich in Apps fürs mobile Bezahlen hinterlegen.
Dass solche neuen Angebote auf fruchtbaren Boden fallen, zeigt die repräsentative Zahlungsmittelumfrage 2020 der Schweizer Nationalbank (SNB). Demnach hat die Schweizer Bevölkerung Innovationen im Bereich der bargeldlosen Zahlungsmittel verstärkt kennen- und schätzen gelernt. Beschleunigt wurde diese Entwicklung durch die Pandemie und jeder Dritte hat sein Zahlungsverhalten nachhaltig angepasst.
Die Bevölkerung darf hier mit weiteren Innovationen rechnen, denn die Entwicklung elektronischer Zahlungslösungen ist noch nicht am Ende. Der nächste Schritt sind Instant Payments innerhalb der Schweiz. 2024 wird die Fähigkeit zum Empfang von Instant Payments verpflichtend für Banken, die im Laufe des Jahres 2020 mehr als 500 000 Kundenzahlungen im System des Swiss Interbanking Clearing (SIC) erhalten haben. Voraussichtlich ab Ende 2026 wird diese Pflicht für alle SIC-Teilnehmenden gelten, die im Kundenzahlungsverkehr aktiv sind.
Es gilt: 7x24x365
Instant Payments (Echtzeitüberweisungen) sind immer ausführbar, rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen. Nach Prüfung muss die Bank den Empfängern das Geld innerhalb von zehn Sekunden zur Verfügung stellen. Der Betrag, der durch Instant Payments überwiesen wurde, ist nach der Gutschrift auf dem Empfängerkonto sofort weiterverwendbar und damit nicht widerrufbar. Zudem erfahren Senderin und Empfänger umgehend, dass der Vorgang erfolgreich abgeschlossen wurde. Diese Art der Zahlung lässt sich gleichermassen im Onlinehandel, am Point-of-Sale, im B2B- und P2P-Bereich einsetzen. Mehr als 35 Staaten haben bereits Instant Payments etabliert. Beispiele sind Australien, Dänemark, Grossbritannien, Indien, Polen, Schweden und Südafrika. In diesen Ländern spielen Echtzeitüberweisungen zumindest sowohl im Einzelhandel als auch beim Bezahlen unter Privatpersonen eine massgebliche Rolle. In Grossbritannien etwa gibt es das Angebot bereits seit knapp eineinhalb Jahrzehnten, die Zahl der auf diese Weise getätigten jährlichen Transaktionen liegt inzwischen in der Grössenordnung von Milliarden.
Instant Payments brechen mit der etablierten Vorgehensweise der Banken im Zahlungsverkehr, die sämtliche Kontobewegungen mittels ein oder zwei täglichen Batch-Läufen in ihre Kernbankensysteme einspeisen. Schon heute ist es so, dass die Autorisierung von Zahlungen, sei es mit Karte oder Twint, nicht über die Kernbankensysteme geschieht, weil diese nicht 7x24x365 hochverfügbar sind. Vielmehr erfolgt die Autorisierung über vorgelagerte Lösungen, die sich mit dem Kernbankensystem über eine asynchrone Verbindung austauschen.
Solche Autorisierungslösungen sind redundant ausgelegt, um ständig verfügbar zu sein. Sie bekommen von den Kernbankensystemen die Konto- und Karteninformationen zur Verfügung gestellt, die sofort repliziert werden, sobald es wieder zu einer Änderung auf einem Konto gekommen ist.
Veränderter Interbankenverkehr
Löst eine Käuferin zum Beispiel über eine Kartenzahlung in einem Laden eine Transaktion aus, prüft die Autorisierungslösung, ob das Konto ausreichend gedeckt und ob die Transaktion erlaubt ist, weil diese beispielsweise im Ausland getätigt wird, wo es besondere Limits gibt. Bei einem positiven Ergebnis reserviert die Autorisierungslösung den Betrag und gibt diese Information an das Kernbankensystem weiter, um sie dort zu vermerken. Erst über Nacht erfolgt dann im Batch-Prozess über die Clearingstelle tatsächlich die Abwicklung der Transaktion zwischen den beteiligten Banken.
Mit der Einführung von Instant Payments sind diese Batch-Läufe nicht mehr machbar. Vielmehr muss jede beteiligte Bank über ein Konto bei der SNB verfügen, das sich innerhalb von Sekunden bewirtschaften lässt, um Echtzeitüberweisungen auch im Interbankenverkehr rasch abzuwickeln. Das erfordert einiges an technischen Umstellungen und Anpassungen. Die gute Nachricht: Nutzt eine Bank bereits ein System zur Zahlungsautorisierung, das solche Autorisierungen innerhalb von wenigen Sekunden durchführt, ist sie in dieser Hinsicht bereits bestens aufgestellt.
Mehr Flexibilität für Verbraucher
Instant Payments werden die Zahlungswelt verändern. Da sie unmittelbar mit dem Kontokorrentkonto verknüpft sind, müssen Verbraucherinnen keine Zusatzverträge oder -vereinbarungen mehr abschliessen, wenn sie zum Beispiel erstmals das Verfahren nutzen wollen. Bei Privatverkäufen stehen Verkäuferin und Käufer zudem bislang vor dem Problem, dass beim Abschluss einer der beiden ins Risiko gehen muss, wenn der Kaufpreis nicht physisch als Bargeld übergeben werden kann. Mit Instant Payments können im Vergleich zu Twint selbst grössere Summen bargeldlos unmittelbar den Besitzer wechseln. Beispiel Autokauf: Erst nachdem der Kaufpreis per Instant Payments überwiesen wurde und die Verkäuferin die Vollzugsmeldung von der Bank erhalten hat, erhält der Käufer Fahrzeugpapiere und -schlüssel ausgehändigt. Ein anderes Szenario ist ein gemeinsames Essen im Restaurant, bei dem zwar eine Person die Rechnung bezahlt, die anderen Personen aber anschliessend ihren Anteil erstatten möchten. Mit Instant Payments lässt sich das innerhalb von Sekunden erledigen.
Auch Unternehmen und Banken profitieren
Selbstverständlich ist es Verbraucherinnen und Verbraucher auch möglich, ihre bargeldlosen offenen Zahlungen per Instant Payment mit kürzerem zeitlichem Vorlauf zu tätigen. Sie müssen die Überweisung nicht mehr einen Tag zuvor – oder gar noch früher – abschicken, um fristgerecht zu zahlen. Dieser Aspekt gewinnt im B2B-Bereich noch mehr an Bedeutung: Dank einer schnelleren Transaktionsabwicklung durch Instant Payments können Unternehmen ihr Cash-, Liquiditäts- und Working-Capital-Management optimieren. Lieferanten zum Beispiel lassen sich dann «just in time» bezahlen. So kann ein Unternehmen seine Kosten für Sicherheiten in der Lieferkette reduzieren. Andererseits sind im B2C-Bereich Einnahmen aus Onlineverkäufen sofort verfügbar, was gerade für kleine Händler eine deutliche Entlastung bedeutet: Der organisatorische – und damit letztlich finanzielle – Aufwand für Vorkasse und Zahlungsverzögerungen oder -ausfälle sinkt. Durch Instant Payments kann sich für Onlinehändler zudem die Gebührensituation verbessern, weil manche Zahlungsart, die aus Händlersicht teuer ist, unwichtiger wird oder gar ganz entfallen kann. Zudem kann der Händler den Kunden die bestellte Ware schneller liefern, da die Bezahlung umgehend eingegangen ist.
Nicht zuletzt profitieren auch die Banken von Instant Payments. So ist zu erwarten, dass durch Echtzeitüberweisungen die Zahl der Bargeldzahlungen sinkt, was sich in geringeren internen Kosten für die Banken bemerkbar machen dürfte. Auch Zwischenhändler wie bei Twint und Debitkarten entfallen und Banken profitieren von weniger Gebühren. Und dank Instant Clearing müssen Banken weniger Liquidität blockieren.
Die Einführung lohnt sich also: Instant Payments sind eine klassische Win-win-Situation für alle Beteiligten.