Wissen führt noch nicht zur Verhaltensänderung
Um die digitale Transformation voranzutreiben, müssen sich IT-Organisationen dem Wandel stellen. Man weiss um diesen kritischen Erfolgsfaktor und investiert darum viel in die Ausbildung der Mitarbeitenden. Um diese Transformation zu beherrschen, nutzt man das Schulungsangebot der vielen Anbieter, die sich landauf, landab mit den verschiedensten Trainings- und Zertifikatsprüfungen gegenseitig überbieten. In zwei bis drei Tagen kann man sich das notwendige Wissen einpumpen, das dazu befähigen soll, digitale Veränderungen anzustossen. Oder wenn es um die Security in der Digitalisierung geht, werden in Unternehmen den Mitarbeitenden mit konstanter Regelmässigkeit sogenannte Learning-Nuggets regelrecht aufgezwungen, damit diese in die Lage versetzt werden sollen, das Unheil von potenziellen Ransomware-Angriffen vom Unternehmen fernzuhalten. Aber das neue Wissen hilft in aller Regel relativ wenig, wenn es darum geht, den durch die Transformation angestrebten Wandel im Unternehmen anzustossen. Nicht weil die Lerninhalte schlecht oder falsch wären. Sie sind einfach nicht dazu geeignet, das für die Transformation notwendige Verhalten zu ändern. Es herrscht oft die Sichtweise vor, dass die Transformation implizit durch das Thema selbst eine "agile Kultur", eine "DevOps-Kultur" schafft. Für viele ist es schwierig bis unmöglich, die gewünschte Kultur zu identifizieren, zu gestalten und dann zu verändern. Sehr oft glauben CIOs gar, dass ihre IT-Mitarbeitenden aufgrund ihres allgemeinen Interesses, ihrer intrinsischen Motivation und Begeisterung an neuen Technologien und technischen Innovationen von Natur aus die gewünschte Kultur entwickeln. Es ist fast so, als ob wir eine neue Kultur automatisch installieren können, indem wir einfach ein DevOps-CI/CD-Toolset einführen. Nur, IT-Mitarbeitende können zwar sehr innovativ sein, aber Kulturveränderungen sind nicht wirklich ihr Ding. Viele Führungskräfte tun sich schwer mit dieser Frage und tun dies als esoterisches Konzept ab. Man macht es sich dann auch etwas einfach. Die neue "DNA" der IT-Organisation wird mit ein paar plakativen Verhaltensprinzipien an die Wand geschrieben. Nur, diese Prinzipien werden oft nicht in gewünschte Verhaltensweisen umgesetzt. Damit dies gelingt, müssen die Führungskräfte zuerst die derzeitige Unternehmenskultur inklusive deren Pain Points verstehen. Sie müssen begreifen, was den aktuellen Mindset und das Verhalten beeinflussen. Dann müssen die Vision der gewünschten Zusammenarbeit, die gewünschten Verhaltensweisen und die Werte definiert werden. Diese Veränderungen müssen persönlich bedeutsam sein. Hierzu müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitenden den Raum und die Unterstützung geben. Und dann braucht es Zeit und den Willen, kontinuierlich zu lernen. Doch Zeit ist oft in der agilen Welt kein priorisierter Backlog-Eintrag.