GDI-Studie

Distributed Ledger: Das bringt die Blockchain

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von Joël Orizet und msc

Selbstverwaltete und datenschutzfreundliche Identitätsnachweise, transparente Lieferketten und Gesundheitsdaten-Ökosysteme: Das sind drei besonders vielversprechende Anwendungen für die Blockchain-Technologie. Eine Studie des GDI beleuchtet die entsprechenden Chancen im Detail.

(Source: Getty Images/ iStockphoto)
(Source: Getty Images/ iStockphoto)

Blockchain- respektive die Distributed-Ledger-Technologie hat viele Hoffnungen geweckt, und einige davon auch schon enttäuscht. Und das, obwohl noch nicht einmal klar ist, wozu die Technologie tatsächlich taugt - abgesehen von Kryptowährungen. Mehr Klarheit soll nun eine Untersuchung des Gottlieb-Duttweiler-Instituts (GDI) schaffen. 

Die Studie zeigt Chancen der Blockchain-Technologie anhand von drei besonders vielversprechenden Anwendungsgebieten auf: 

  • Selbstverwaltete elektronische Identitätsnachweise, um Personen, Organisationen und Objekte im digitalen Raum sicher zu identifizieren und die Privatsphäre sowie die informationelle Selbstbestimmung von Bürgerinnen und Bürgern zu stärken. 
  • Produktnachverfolgung zur Erhöhung der Produktsicherheit und Transparenz entlang von Lieferketten.
  • Konsolidierung sensibler Gesundheitsdaten für eine höhere Diagnose- und Behandlungsqualität, ohne die Datensicherheit zu gefährden. 

Internet ohne Google 

Grundsätzlich bricht die Blockchain mit dem Paradigma zentral betriebener Anwendungen. Die Studienautoren sehen darin die Möglichkeit, effizientere und robustere digitale Infrastrukturen aufzubauen. Daraus leiten sie vier konkrete Chancen für Unternehmen ab: 

  • Integrität: Durch den verteilten Betrieb einer Anwendung wäre es möglich, ein manipulationssicheres Datenregister zu erstellen, zum Beispiel für digitale Grundbücher, Echtheitszertifikate für Wertgegenstände oder Herkunftsnachweise von Nahrungsmitteln.
  • Automatisierung: Auf einer Blockchain könnte man Eigentumsrechte digital abbilden und damit handeln. Beispielsweise liesse sich ein Gebäude im Wert von fünf Millionen Franken in 5000 handelbare Tokens respektive digitale Eigentumsscheine abbilden. Die Mieteinnahmen würden automatisch an die momentan aktuellen Eigentümerinnen oder Eigentümer fliessen.
  • Kooperation: Blockchain erhöhe die Effizienz und Sicherheit in der organisationsübergreifenden Zusammenarbeit, schreiben die Studienautoren. So könnten etwa Hersteller, Zulieferer und Händler Informationen über Produkte und Lieferwege automatisiert und sicher miteinander teilen.
  • Verteilte Wertschöpfungsnetzwerke: Weil sich die Beteiligten über die Blockchain gegenseitig kontrollieren, müssen Nutzer und Nutzerinnen nicht mehr einem einzelnen Betreiber vertrauen. Die Notwendigkeit einer zentralen Bestimmungsinstanz kann so entfallen. Als Beispiele für die daraus entstehenden Möglichkeiten erwähnt die Studie Internet ohne Google, Ride-Hailing ohne Uber und Hotelbuchungen ohne Booking.com. 

In der Schweiz stehen die Chancen gut

Bei unternehmerischen Blockchain-Projekten vergehen zwischen der ersten Machbarkeitsstudie und dem produktiven Einsatz gemäss der Studie durchschnittlich 25 Monate. Danach könnten sich jedoch neue Geschäftsfelder eröffnen. Beispielsweise würden selbstverwaltete Identitäten auch eine sichere Zugangsverwaltung zu Gebäuden ohne physische Schlüssel oder Peer-to-Peer-Marktplätze für Car-Sharing oder Ride-Hailing ermöglichen. 

In der Schweiz stünden die Chancen für den erfolgreichen Einsatz von Blockchain-Technologien gut, bilanzieren die Studienautoren. Über 1100 Unternehmen würden hierzulande entsprechende Lösungen entwickeln. Zudem hat die Schweiz als eines der ersten Länder bereits Blockchain-freundliche Regulierungen eingeführt

Die Studie gibt auch einen Überblick über 50 mögliche Blockchain-Anwendungen für zehn Branchen, darunter Finanzen, Energie, Logistik, Gesundheit, Handel, Landwirtschaft und für den öffentlichen Sektor, beispielsweise für Verwaltungen. Ein Kapitel widmet sich den kritischen Erfolgsfaktoren für Blockchain-Projekte, ein weiteres gibt einen Einblick in die aktuellen Marktentwicklungen in der Schweiz und international.   

Der Titel der Studie lautet: "Hype oder Hilfe? Was die Blockchain wirklich leistet" – finanziert und inhaltlich unterstützt wurde sie durch aXedras, Generali (House of Insuretech Switzerland HITS), Green, das Kantonsspital Baden, OVD Kinegram und den Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE). Die weiteren Studienpartner sind Blockchain Nation Switzerland, das Bundesamt für Energie, EcosystemPartners, Inacta, Novartis und sminds/N9 House of Innovation.

Übrigens: Die Hochschule Luzern (HSLU) trat im Januar dem Blockchain Research Institute bei. In Zusammenarbeit mit dem kanadischen Forschungsnetzwerk will die HSLU gemeinwohlorientierte Blockchain-Anwendungen fördern. Lesen Sie hier mehr dazu

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