Israelische Firma soll gegen Geld Wahlen manipulieren
Die in Israel ansässige Gruppe "Team Jorge" bietet vermögenden Personen an, Wahlen auf der ganzen Welt zu manipulieren. Dazu verbreitet sie gezielt Fake-News, hackt Accounts und betreibt ein Bot-Netzwerk.
Sie arbeitet im Geheimen und gegen Bezahlung; sie bietet an, gegen Geld Wahlen auf der ganzen Welt zu manipulieren; und sie sagt, sie tue dies relativ erfolgreich. Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse zu einer Gruppe namens "Team Jorge", die ein internationales Team von investigativen Journalisten unlängst offengelegt hat. Konkret ist "Team Jorge" der Name einer israelischen Organisation, wie "SRF" zusammenfasst. Seine Mitarbeitenden seien einstige Militärs und Agenten der dortigen Armee.
Im Zuge der monatelangen Recherche, an der sich RTS und Tamedia aus der Schweiz beteiligten, nahmen die Journalisten, getarnt als potenzielle Auftraggeber, Kontakt mit "Team Jorge" auf und erhielten Einblick in das Angebot und die Tools der Gruppe. So offerieren sie etwa, am Wahltag kompromittierende Daten eines zu unterdrückenden Gegners zu veröffentlichen und so "Chaos bei der Wahl zu stiften", lässt sich Oliver Zihlmann, Co-Leiter des Recherchedesks von Tamedia, zitieren. "Team Jorge" kann auch Desinformationskampagnen organisieren, Dokumente fälschen oder Accounts wichtiger Persönlichkeiten stehlen.
Den verdeckt arbeitenden Journalisten führte ein Gruppenmitglied vor, wie es über einen gehackten Account eine Nachricht im Namen eines kenianischen Politberaters absetzen konnte. Zudem betreibe die Organisation eine Onlineplattform namens "Aims" ("Advanced Impact Media Solutions"), mit der man verifizierte Nutzerkonten in sozialen Netzwerken kreieren könne, schreibt "SRF" weiter. Mehr als 30'000 solcher Profile sind laut Angaben von "Team Jorge" an ihr Bot-Netzwerk angeschlossen.
Tatsächlicher Einfluss nicht eindeutig messbar
Laut "SRF" verrechnet die Organisation für ihre Dienste monatlich zwischen 400'000 und 600'000 Euro. Der Einsatz am Wahltag könne mit 6 Millionen, eine ganze Wahlkampagne mit 15 Millionen Euro zu Buche schlagen.
"Team Jorge" gibt sich gegenüber ihren Auftraggebern selbstsicher: In 27 von 33 nationalen Wahlen und Abstimmungen, in die sich die Gruppe eingemischt haben soll, sei sie erfolgreich gewesen, heisst es bei "SRF". Die Gruppe agiert weltweit, vor allem aber in Afrika, Asien und Lateinamerika.
Wie gross ihr Einfluss tatsächlich ist, lässt sich schwer messen. Im Interview mit "SRF" verweist Zihlmann unter anderem auf das auffallend knappe Resultat der letzten Wahlen in Kenia und auf die Welle an Desinformation, die in den Wochen nach den Wahlen über den Sieger hinwegfegte. Alles, was "Team Jorge" anbiete, habe man in Kenia beobachten können, sagt er dazu.
Auf die zahlreichen Fake-Profile in den sozialen Netzwerken angesprochen, merkt "SRF"-Digitalredaktor Jürg Tschirren an, es sei tatsächlich möglich, solche Konten zu erstellen. Dafür zu sorgen, dass diese Konten dann aber wirklich an Reichweite gewinnen, sei hingegen um einiges schwieriger.
Nach der Recherche erhielt "Team Jorge" die Möglichkeit zur Stellungnahme. Darin gingen die Antwortenden laut "ZDF" nicht auf einzelne Vorwürfe von Manipulation und Desinformation in konkreten Ländern ein. "Um es klar zu sagen, ich weise zurück, dass ich etwas Falsches getan habe", lässt sich der Firmenchef Tal Hanan zitieren.
Die Enthüllungen um "Team Jorge" rufen Erinnerungen an die Firma Cambridge Analytica wach. Laut "ZDF" waren einige Mitarbeitende des "Team Jorge" auch für die britische Firma tätig. Auch Cambridge Analytica behauptete, Wahlen und Abstimmungen beeinflussen zu können. Dies, indem es Nutzerinnen und Nutzern des sozialen Netzwerks Facebook gezielt mit Wahlwerbung bespielte. Diese passte das Unternehmen jeweils den politischen Profilen der User an. Die Angelegenheit brachte nicht nur Cambridge Analytica, sondern auch Facebook einigen Ärger ein.
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