Partner-Post Fachbeitrag

Data-Driven Banking – das bedeutet der Ansatz für Schweizer Banken

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von Martin Biehler, Senior Data Scientist, Contovista; Ilario Giordanelli, Product Manager, Data Scientist, Contovista

Schweizer Banken haben lange Zeit keinen echten Konkurrenzdruck verspürt. Wollen sie ­jedoch langfristig erfolgreich sein, müssen sie ihre Geschäftsmodelle überdenken. Datengetriebene ­Innovationen rufen neue Akteure auf den Markt, gleichzeitig müssen Finanzinstitute den ­steigenden Kundenbedürfnissen gerecht werden.

Martin Biehler (l.), Senior Data Scientist, Contovista, und Ilario Giordanelli, Product Manager, Data Scientist, Contovista. (Source: zVg)
Martin Biehler (l.), Senior Data Scientist, Contovista, und Ilario Giordanelli, Product Manager, Data Scientist, Contovista. (Source: zVg)

Schweizer Banken weisen bei datengetriebenen Innovationen einen sehr unterschiedlichen Stand auf. Im Vergleich zu anderen Ländern schreiten diese Innovationen hierzulande nur langsam voran. Das liegt einerseits an Datenschutzvorschriften und den damit verbundenen Ängsten der Banken, gegen diese Vorschriften zu verstossen. Andererseits haben Banken bisher wenig Marktdruck verspürt. Regionalbanken fokussieren sich auf ihre lokale Ausrichtung. Die nationalen Banken zeigen sich im Vergleich zu ausländischen Banken in Bezug auf Service-Innovationen konservativ. Sie scheuten sich davor, gemeinsam in datengetriebene Innovationsmodelle zu investieren, was unter anderem den Legacy-Systemen, den regulatorischen Einschränkungen und dem grossen Datenvolumen geschuldet sein dürfte. 

Datenbasierte Modelle in Regional- und Grossbanken

Grössere Banken unternehmen seit mehreren Jahren Anstrengungen in der Auswertung ihrer Kundeninteraktionen. Die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und das Bewusstsein im Management ermöglichen den Banken, in neue Abteilungen zu investieren. Diese Abteilungen beschäftigen sich dediziert mit den Themen Analytics, Data Governance, Datenhaltung und künstliche Intelligenz. Ihnen stehen jedoch häufig die eigenen Datensilos im Weg: Die Datenhoheit liegt bei den einzelnen Abteilungen, zudem erschwert die Data Governance die Einsicht in und den Zugriff auf Kundendaten. Regionalbanken haben sich bisher stark auf persönliche Kundenbeziehungen verlassen und nur wenig Innovationsdrang gezeigt.

Im Vergleich zu anderen Branchen wie etwa dem Handel, der massiv in datengetriebene Prozesse investiert hat, liegen die meisten Banken weit abgeschlagen. Webseiten-Tracking, Datenanalyse sowie die Verknüpfung von Daten mit historischen Kundendaten oder weiteren Touchpoints durch Kundenberaterinnen und -berater werden in vielen Banken noch nicht konsequent verfolgt. Anders sieht es bei Neo-Banken aus: Sie sind offener, experimentierfreudiger, haben keine Datensilos und verwenden neue Technologien.  

Was Data-Driven Banking für Banken bedeutet 

Doch was heisst ein datengetriebener Ansatz für Banken? Data-Driven Banking bedeutet, dass Banken Daten und Analysen nutzen, um daraus Informationen zu gewinnen. Dank dieser Informationen verbessern Banken ihre Services und Produkte und stimmen sie auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden ab. Die Leistungen sind auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten und umfassen Tipps zur Förderung des finanziellen Wohlergehens der Kundinnen und Kunden. Bei einem datengetriebenen Ansatz wachsen verschiedene Komponenten organisch und werden nicht erst nachträglich künstlich miteinander verbunden. Schliesslich soll ein ganzheitliches, analytisches Bild jeder Kundin beziehungsweise jedes Kunden entstehen. Dafür müssen Banken ihre Daten strukturiert und zentral aufbereiten.

Ein Data-Driven-Banking-Ansatz eröffnet den Banken verschiedene Möglichkeiten:

Personalisierung

  • Kundinnen und Kunden erwarten vermehrt, dass Banken ihre finanziellen ­Bedürfnisse kennen. Dazu benötigen Banken passgenaue Ansprachen und ­Angebote. Diese können sie dank der ausgewerteten Informationen erstellen. 
  • Durch die Verknüpfung von Daten aus allen Kunden-Touchpoints kann man den ­Personalisierungsgrad verbessern, um beispielsweise Churn zu verhindern.

Automatisierung

  • Kampagnenautomatisierung und Leadgenerierung durch Machine-Learning-Modelle.
  • Anhand von Zahlungsdaten können Ereignisse im Leben der Kunden automatisch identifiziert werden.

Prozessoptimierung

  • Kundenspezifische Daten, die etwa in der Vergangenheit zu einem Betrugsvorfall ­geführt haben, erlauben künftig die frühzeitige Erkennung. 
  • Automatisch erkannte Ereignisse ermöglichen Kundenberatern, proaktiv auf die ­Kundin und den Kunden einzugehen und sie zu unterstützen, ihre finanziellen Ziele zu erreichen.


Herausforderungen von Data-Driven Banking

Für die zögerliche Umsetzung von Data-Driven-Banking-Ansätzen gibt es unterschiedliche Gründe. Einerseits entspricht die hierarchische Organisation von Banken nicht der eines agilen Tech-Unternehmens. Andererseits verhindert das Silodenken in verschiedenen singulären Organisationseinheiten (z. B. Departements oder Abteilungen) Synergien und unternehmensweite Lösungen. Deshalb ist die Tool-Landschaft von Einzel­lösungen geprägt, und zahlenbasierte Leistungserfassungen finden isoliert statt. Abteilungen mögen mit den gleichen Daten aus dem Core-Banking-System und aus Umsystemen arbeiten. Vielfach werden diese Daten jedoch von jeder Abteilung individuell aufbereitet und sind somit nicht auf die Bedürfnisse anderer Abteilungen abgestimmt. Damit Banken für ihre Kundinnen und Kunden Angebote massschneidern können, sind sie aber auf vollständige Informationen angewiesen. Denn selbst das ausgeklügeltste Machine-Learning-Modell wird in den folgenden Fällen keine sinnvollen Auswertungen erstellen können:

  • wenn die Daten ungenügend aufbereitet sind,
  • wenn wichtige Informationen nicht vollständig in das ­Modell einfliessen,
  • oder wenn von vornherein nicht klar ist, was mit den Daten geschehen soll. 

Eine weitere Herausforderung für die Banken ist somit, dass ihre Datenbanken über Schnittstellen für einen einfachen Zugang verfügen müssen. Damit dies möglich ist, müssen die Hardware und die IT-Infrastruktur für datengetriebene Prozesse ausgelegt sein.

Praxisbeispiel: Tracking der Kundeninteressen

Damit eine Bank die individuellen Interessen ihrer Kundinnen und Kunden auf der Website tracken kann, muss ein Tracking-Code eingebaut werden. Damit sich die Daten individuell zuordnen lassen, braucht es im Login-Bereich des Web-Bankings einen Abgleich zur De-Anonymisierung der Daten. Anschlies­send können die Daten in strukturierter Form ins Data Warehouse überführt werden. Nach der Auswertung sind die Banken in der Lage, die gewonnenen Informationen im Vertrieb für eventbasierte Massnahmen oder zur Kampagnensteuerung einzusetzen. In den ganzen Prozess sind verschiedene Abteilungen involviert. Diese Abteilungen müssen über die Ressourcen und den Willen verfügen, ein abteilungsübergreifendes, iteratives und in der Regel langfristiges Projekt zu stemmen. 

Kundinnen und Kunden brauchen ein Verständnis für Datenanalyse

Damit Banken den datengetriebenen Ansatz verfolgen können, sind sie auf das Einverständnis der Kundschaft angewiesen. Eine grosse Herausforderung der Banken wird es sein, die Ängste und das Misstrauen von Kundinnen und Kunden zu entkräften. Manche Kundinnen und Kunden befürchten, dass sie von der Bank durchleuchtet oder Daten an Dritte weitergegeben werden. Sie sehen die Bank lediglich als Mittel zum Zweck, um ihre Finanzgeschäfte abzuwickeln. Banken müssen ihre Kundschaft über die Vorteile von datenbasierten Produkten aufklären und ihnen den Mehrwert aufzeigen. Dabei können sie etwa erläutern, wie Finanzassistenten ihrer Kundschaft dabei helfen, ihre persönlichen Finanzen besser zu verstehen. Dazu gehört etwa das Wissen der Kundinnen und Kunden, für welche Posten sie am meisten Geld ausgeben und wo Einsparpotenzial besteht. Für Banken ist die kundenseitige ­Akzeptanz zwingend, wenn sie personalisierte Angebote verkaufen und das Engagement erhöhen möchten. Auch für den direkten Kundenkontakt bringt dies Vorteile: Kundenberaterinnen und Kundenberater können leichter auf Kunden­bedürfnisse eingehen und proaktiv Beratungen anbieten. 

Neue Geschäftsmodelle und Marktentwicklung

Datengetriebene Innovationen rufen zwangsläufig neue Akteure auf den Plan, die mit ihren Geschäftsmodellen den Konkurrenz- und Kostendruck für Banken künftig erhöhen werden. Durch die Digitalisierung fällt speziell für Regionalbanken die räumliche Bindung ihrer Kundinnen und Kunden weg. Zudem machen klassische Bankprodukte und -services wie Kontoführung, Karten und Hypotheken eine Differenzierung schwierig, denn diese Produkte und Services sind leicht austauschbar. Neue Akteure wie Neo-Banken verfügen zwar noch über eine schmale Produktpalette, dafür sind die Prozesse voll digitalisiert, schlank und äusserst benutzerfreundlich. Die durchgängigen Prozesse und die Tatsache, dass Neo-Banken keine Filialen unterhalten müssen, ermöglichen den Neo-Banken tiefe Gestehungskosten und somit ein kompetitives Pricing. Dies erhöht den Druck auf die traditionellen Banken weiter. Banken werden nicht nur vermehrt in Lösungen, Produkte und Services investieren, welche die Bedürfnisse ihrer Kundschaft abdecken. Sie werden auch ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen, um am Markt zu bestehen. 


Was ist Data-Driven Banking? 

Unter Data-Driven Banking versteht man die Nutzung von Daten und Analysen zur Information und zur Verbesserung der Leistungen, die Banken für ihre Kundschaft erbringen. Einerseits nutzen die Banken Daten, die sie über das Verhalten, die Transaktionen und die Präferenzen ihrer Kundinnen und Kunden sammeln. Dies ermöglicht ihnen, ihre Produkte und Dienstleistungen auf spezifische Kundenbedürfnisse zuzuschneiden. Andererseits setzen Banken fortschrittliche Analyse- und Modellierungstechniken ein, um die Preisgestaltung, das Risikomanagement und andere wichtige Geschäftsbereiche zu optimieren.


Angebote

Neue Angebote auf der Grundlage von datengetriebenen Geschäftsmodellen, wie sie bereits auf dem Markt verfügbar sind: 

  • nachhaltiges Bankkonto
  • Versicherung für elektronische Geräte
  • Bankkonto und Investitionsplattform in einer App
  • Wechselgeld zum Anlegen in Fonds
  • Kryptowährungen
  • Reiseangebote
Webcode
V6jcbarP