Blockchain für Mieter

Wie die Blockchain den Mietvertrag ins digitale Zeitalter hievt

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Lösen Smart Contracts bald den Mietvertrag ab? Die Blockchain scheint wie geschaffen für die Digitalisierung der Miete. Drei Schweizer Firmen entwickeln Lösungen, die Mietern und Vermietern den Alltag erleichtern sollen.

(Source: ilkercelik)
(Source: ilkercelik)

Wie können Unternehmen die Blockchain konkret nutzen? Wird diese Frage an Events gestellt, gehen die Antworten oft in zwei Richtungen. Entweder der Referent macht technische Erläuterungen dazu, die Verständnis und Fachwissen der Anwesenden herausfordern. Oder es folgt ein Feuerwerk an Versprechungen, welche die Blockchain als Mittel für alle möglichen Anwendungsszenarien anpreisen.

Tim Weingärtner, Professor am Departement Informatik der Hochschule Luzern (HSLU), wählte einen anderen Ansatz. Im Blog der HSLU erzählte er die Geschichte eines Bauern. Dieser möchte seine Alphütte an Wanderer vermieten und dabei auf einen Dienstleister wie Airbnb verzichten. Also hängt er ein smartes Schloss an die Tür und lässt Touristen per QR-Code einchecken. Dabei wird automatisch der Mietvertrag aktiviert und ein Depot hinterlegt. Checken die Gäste aus, wird das Schloss wieder verriegelt, das Depot ausbezahlt und der Bauer erhält den Mietbetrag. All dies soll per Blockchain respektive Smart Contract sicher, zuverlässig und mit minimalem Zeitaufwand funktionieren. "Seine Hütte konnte die Verträge ganz ohne ihn abschliessen", schreibt Weingärtner über die Erfahrungen des Bauern.

 

Digitalisierung des Mietprozesses

Das Beispiel der smarten Alphütte ist noch Fiktion, das Interesse der Immobilienbranche an der Blockchain jedoch ganz real. Vor gut einem Jahr kündigte die Investmentfirma Swiss Prime Site eine Partnerschaft mit dem Zuger IT-Beratungsunternehmen Inacta zur Entwicklung von Lösungen auf Basis der Technologie an. Inacta zielt auf die Entwicklung des digitalen Mietvertrags, wie Markus Fischer, Business Development Real Estate, sagt. Bei der Vermietung sei heute immer noch viel Papier, Verhandlungsaufwand und manuelle Arbeit im Spiel. Die Blockchain mit ihren Stärken Nachvollziehbarkeit, Automation, Unveränderbarkeit und sichere Werteübertragung könne diesen Prozess stark vereinfachen. "Die heutigen Vertragsinhalte mit den komplexen Regelwerken eines Mietverhältnisses werden in Software-Code gegossen", sagt Fischer. Bis der altbekannte Mietvertrag verschwinde, werde es allerdings noch einige Jahre dauern. Zum einen, weil die Technologie noch in den Kinderschuhen stecke. Zum anderen, weil manche Immobilienunternehmen der Blockchain skeptisch gegenüberstünden.

Die Hypothekarbank Lenzburg geht noch einen Schritt weiter und will auf Grundlage der Blockchain den gesamten Mietprozess digitalisieren. "Die involvierten Parteien sollen alle Interaktionen digital ausführen können – von der Interessensbekundung an einem Mietobjekt bis zur Auszahlung der Mietkaution nach Beendigung des Mietverhältnisses", sagt CEO Marianne Wildi. Die Plattform werde im ersten Quartal 2019 marktreif sein. In einem zweiten Schritt soll dann ein digitales Ökosystem mit weiteren Dienstleitungen für Mieter und Vermieter aufgebaut werden, etwa die Koordination von Handwerkerterminen. All dies könne man theoretisch auch ohne Blockchain digital anbieten, räumt Wildi ein. Sobald jedoch weitere Prozesse und Parteien hinzukämen, biete die Technologie Möglichkeiten, Transparenz und Klarheit zu schaffen.

Was die Hypi Lenzburg mit der Blockchain sonst noch vorhat, lesen Sie im Interview mit Marianne Wildi.

Auch Nikolai Kalinin, CEO des in Baar beheimateten Start-ups Prepayway, sieht den Mietvertrag auf Papier mittelfristig verschwinden. Allerdings müssten hierfür noch juristische und technische Hürden überwunden werden. Das internationale Recht etwa sehe für digitale Unterschriften noch keine Regeln vor. Eine viel grössere Herausforderung sei aber die Ablösung des klassischen Vertrags durch Smart Contracts. Hier gebe es noch zu viele offene Fragen, weshalb herkömmliche und smarte Verträge auf absehbare Zeit koexistieren dürften. Prepayway konzentriere sich deshalb vorerst auf einen Teilbereich der Vermietung, in dem es besonders oft zu Missverständnissen und Betrug komme: den Reservierungsprozess.

Es tut sich auch sonst einiges im Crypto Valley. Die Redaktion hat sich einen Überblick verschafft, Angebote verglichen und mit den Entwicklern der Community gesprochen.

Auch dort stünden noch viele Aufgaben an, sagt Kalinin. So müsse erst noch eine Lösung entwickelt werden, um Fiat-Geld sicher auf der Blockchain abzubilden. Es brauche also noch einige Veränderungen im Recht, in der Bankenwelt und in der Mentalität, bis die Blockchain im Miet-Alltag Einzug halte. "Es tauchen immer wieder neue Herausforderungen auf", sagt Nikolai Kalinin. "Wenn es keine mehr gibt, bedeutet das, dass man sich nicht vorwärtsbewegt."

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