Ehemaliger ISB-Chef hilft Parlament bei der Digitalisierung
Die Parlamentsdienste tüfteln an einer Digitalisierungsstrategie. Als Unterstützung holen sie sich Peter Fischer ins Boot, den ehemaligen Leiter des Informatiksteuerungsorgans des Bundes.
Der Schweizerische Parlamentsbetrieb soll digitaler werden. In den vergangenen Jahren und Monaten sei bereits eine ganze Reihe von IT-Projekten gestartet worden, schreiben die Parlamentsdienste in einer Mitteilung. Nun erarbeiten sie eine Digitalisierungsstrategie mit dem Ziel, "diese Arbeiten künftig optimal zu koordinieren, effizient und kundenorientiert durchzuführen und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit, das Controlling und die adäquate Sicherheit der Anwendungen zu garantieren".
Mandat an Peter Fischer
Externe Unterstützung erhalten die Parlamentsdienste durch Peter Fischer. Bis Ende 2020 leitete Fischer noch das inzwischen aufgelöste Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB). Das neue Mandat wird er im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Transfer- und Weiterbildungszentrum (TWZ) St. Gallen übernehmen, teilen die Parlamentsdienste mit.
Auf Anfrage erklärt Fischer, die Parlamentsdienste seien mit grossen Anforderungen an Agilität, Flexibilität und Geschwindigkeit der digitalen Dienstleistungen konfrontiert. Die externe Unterstützung soll "eine externe Sicht sowie Erfahrung und gleichzeitig ein Verständnis der Verwaltung und der politischen Prozesse mitbringen, was das TWZ St. Gallen und ich mitbringen können."
Peter Fischer leitete über mehrere Jahre das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (Source: Netzmedien)
Bereits seien mehrere namhafte und spannende Digitalisierungsprojekte im Gang beziehungsweise Ausgelöst, sagt Fischer weiter. Nun gehe es darum, "ein gemeinsames Zielbild zum Geschäft, zu Prozessen, Daten, Plattformen, etc. zu schaffen und dann schrittweise, aber zügig umzusetzen. Das bedingt, sich manchmal widersprechende Aspekte unter einen Hut zu bringen: Agilität, Geschwindigkeit, Sicherheit, Stabilität, Nachhaltigkeit, etc. Das ist nur möglich, indem die verschiedenen Rollen und Disziplinen optimal zusammenarbeiten. Es sind also klassische Herausforderungen."
Weniger Akzeptanz für Experimentierprojekte
Gefragt nach der Besonderheit von Digitalisierungsprojekten in der Bundesverwaltung, erklärt Fischer: "Die Herausforderungen in der öffentlichen Hand und in der Privatwirtschaft sind sehr ähnlich. In der Bundesverwaltung spielen manchmal die Beständigkeit, Stabilität und Rechtskonformität eine besonders grosse Rolle. Das kann zu im Vergleich zur Privatwirtschaft langsameren Prozessen führen, die dann mit den Anforderungen an die Agilität und Flexibilität von Digitalisierungsprojekten kollidieren. Weiter sind die Projekte der öffentlichen Hand tendenziell exponierter als in der Privatwirtschaft, weil sie aus Steuergeldern finanziert sind. Das reduziert die Akzeptanz für Experimentierprojekte."
Laut Mitteilung der Parlamentsdienste sollen bis Ende dieses Jahres die Grundlagen zur Digitalisierungsstrategie verabschiedet werden. Laut Fischer dauert ein solcher Strategieprozess in der Verwaltung mindestens zwischen 6 und 12 Monate.
Die Strategie ist dabei aber nur der Anfang: "Die Umsetzung findet dann in kurz-, mittel und längerfristigen Vorhaben teils iterativ über mehrere Jahre statt", erklärt Fischer. "Dazu soll ein Massnahmenplan erstellt werden, der dann rollend entsprechend der Erkenntnisse und neuen Bedürfnissen zu aktualisieren sein wird. Die digitale Transformation der Verwaltung und der politischen Prozesse ist nicht an einem bestimmten Tag abgeschlossen, sondern wird auf absehbare Zeit weiter gehen."
Aber manchmal geht es doch schneller als gedacht: Die Coronapandemie beschleunigte den Digitalisierungsprozess des Parlamentsbetriebs. So konnte im Dezember 2020 erstmals eine Nationalrätin aus dem Homeoffice abstimmen. Wenige Monate zuvor war das Vorhaben Seitens eines SVP-Politikers als "technisch nicht umsetzbar und vor allem nicht so schnell" abgetan worden.