Partner-Post Finanzsektor im Wandel

Blockchain und Banking im 2030 – wenn Gegensätze sich vereinen

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von Ante Plazibat, Head Emerging Business, Finnova

Die Blockchain-Technologie wird den Finanzsektor im Kern verändern. Der Grund dafür ist ihre ­Fähigkeit, einfach sowohl Eigentum als auch Eigentumsübertragung von Werten digital und ohne Dritte zu repräsentieren. Banken können dies auch, jedoch nur unter Zuhilfenahme hochkomplexer und kostspieliger Mechanismen.

Ante Plazibat, Head Emerging Business, Finnova. (Source: zVg)
Ante Plazibat, Head Emerging Business, Finnova. (Source: zVg)

Eine Innovation hat erst dann ein Disruptionspotenzial, wenn neue Akteure im Markt es schaffen, durch den Einsatz dieser neuen Methode das Hauptkundensegment eines traditionellen Marktteilnehmers abzuwerben. Somit liegt es an den Banken, diese Technologien strategisch zu nutzen und sich der Innovation anzunehmen, um das Abwanderungsrisiko der Kundinnen und Kunden zu minimieren. Setzen Banken jedoch weiterhin auf das Pferd anstatt den Ottomotor, so steigt das Risiko einer Disruption signifikant an.

Status quo und inkrementeller Aufbau von ­Kompetenzen

Wenn es um Potenziale der Blockchain-Technologie im Finanzsektor geht, dann sind es nicht nur die Kryptowährungen und Non-Fungible-Tokens (NFTs), die aufgrund einer tiefen Korrelation mit dem Aktienmarkt ein weiteres Diversifizierungspotenzial im Portfolio bieten, sondern auch neuartige Finanzierungsformen mittels Decentralized Finance (DeFi), die das Banking in den nächsten Jahren und über 2030 hinaus grundlegend verändern werden. Nun stellt sich die berechtigte Frage, wie sich die Banken in diesem Umfeld bestmöglich positionieren können, um nicht nur mit der Technik Schritt halten zu können, sondern umso stärker aus diesem Veränderungsprozess hervorzugehen.

Zunächst gilt es, zu verstehen, inwiefern die Blockchain besonders die Fähigkeiten von Banken rund um die Bereitstellung einer digitalen Infrastruktur kommodifiziert. Die Grafik auf der Folgeseite zeigt, wie ein Eigentumstransfer von digitalen ­Assets – wie etwa Fiat-Geld – im traditionellen Finanzsektor funktioniert. Banken müssen auf Basis ihres eigenen Netzwerks kosten- und zeitintensive Rekonzilierungsmechanismen laufen lassen.

Durch die Blockchain wird diese kritische Fähigkeit kommodifiziert. Es ist richtig, dass besonders technisch versierte Personen (Techies) in der Lage sind, ohne eine Bank am Blockchain-Netzwerk teilzunehmen. Viele Banken kollaborieren aktuell weiterhin mit Drittparteien, etwa mit Fintechs, die den Zugang zur Blockchain sicherstellen.

Zumindest kurzfristig kann dies ein strategischer Ansatz sein. Langfristig muss man darüber nachdenken, wie sich Banken direkt an das Blockchain-Netzwerk anhängen. Denn auch in einem Blockchain-Umfeld haben sie weiterhin ihre Daseins­berechtigung. Das Vertrauen in eine Bank ist weiterhin sehr gross. Des Weiteren haben die Banken auch die Möglichkeit, in der Rolle als Orchestrator ein Ansprechpartner für alle Finanzfragen zu sein. Sie übernehmen dann die Rolle des Gatekeepers für Leistungen Dritter, sofern sie Produkte nicht selbst anbieten.

Essenziell bei der Positionierung ist, dass die einzelnen Bereiche wie Kryptohandel, Kryptoverwahrung und DeFi nicht einfach als Blockchain-Themen über einen Kamm geschert werden. Für jeden Bereich bedarf es unterschiedlicher Fähigkeiten. Auch sind das regulatorische Rahmenwerk und die technologischen Fundamente in den Bereichen teilweise unterschiedlich. Aufgrund der steigenden Komplexität ist es für Universalbanken jedoch grundsätzlich ratsam, sich langsam in den Markt hineinzubegeben: also mit dem Kryptohandel zu beginnen, darauf aufbauend die Verwahrung von Kryptoassets in Angriff zu nehmen, um letztlich im DeFi-Markt anzukommen.

Kryptohandel (2022 – 2024)

Mittels einer Drittpartei können Banken bereits heute innerhalb von ein bis zwei Monaten ihren Kundinnen und Kunden Kryptowährungen als Anlagemöglichkeit anbieten. In so einem Modell würde die Bank keinerlei neue Fähigkeiten integrieren und wäre einzig und allein noch ein Durchlauferhitzer zwischen Abwickler und Kunde.

Es ist unbestritten, dass durch diese vollständige Auslagerung eine kurzer Time-to-Market ermöglicht wird und die Bank sich somit kurzfristig Luft respektive Zeit verschafft, um ihre langfristige Kryptostrategie zu definieren. Jedoch dürfte der Bank durch die zu bezahlenden Gebühren an Broker oder Abwickler mittelfristig ein gewichtiger Teil der Kundenmarge wegfallen. Der schrittweise Aufbau von internen Blockchain-Fähigkeiten wäre also ein wichtiger strategischer Baustein, um langfristig von den technologischen Möglichkeiten zu profitieren. Beispielsweise könnte durch die Integration eines Order Management Systems das Know-how bezüglich Trading von Digital Assets aufgebaut werden. Zunächst ermöglicht der Aufbau von Crypto-Trading-Fähigkeiten lediglich ein breiteres Portfolio bezüglich neuer Assetklassen. Immer mehr Kunden möchten Bitcoin, Ethereum oder Tezos halten und sind bereit, das Volatilitätsrisiko für potenziell höhere Gewinne zu tragen. Langfristig geht das Potenzial noch viel weiter. Bereits jetzt offerieren erste Anbieter die Möglichkeit, traditionelle Aktien zu fraktionalisieren. So können Kundinnen und Kunden, für die vorher die ganze Aktie nicht erschwinglich war, in Zukunft auch ein Zehntel einer Amazon-Aktie kaufen.

Kryptohandel und Verwahrung (2025 – 2027)

Sind alle benötigten Fähigkeiten im Bereich Kryptotrading aufgebaut, können die Custody-Capabilities schrittweise integriert werden. Fragestellungen wie: "Wer darf welche Coins, in welcher Menge, zu welcher Gegenpartei transferieren, und wie werden Private Key’s verwahrt?", werden die Compliance-Abteilungen vor neue Herausforderungen stellen. Jedoch sichern genau diese Mitarbeitende den Zugang zum zukünftigen Kerngeschäft. Vielleicht wird ein Portfolio Management System noch kurz- und mittelfristig Portfolioübersichten aus traditionellen Vermögenswerten und Kryptoassets zusammenaggregieren können. Langfristig geht der Trend jedoch unaufhaltsam in Richtung tokenisierte Wertschriften, die durch hochmoderne Key-Management-Systeme viel kosteneffizienter als traditionelle Depotstellen betrieben werden können. Somit ist es sehr gut möglich, dass in Zukunft alle Investmentprodukte nur noch auf Basis von Token abgebildet werden, weil sowohl die Verwahrung als auch der Eigentumstransfer viel effizienter und kostengünstiger abgebildet werden kann, und wie bereits erwähnt auch Teilmengen einer Aktie gehalten werden können.

Decentralized Finance (2028 – 2030)

Die Stunde der Wahrheit wird jedoch erst mit der sich entwickelnden Reife von Decentralized Finance (DeFi) kommen. Dies stellt Banken nochmals vor eine neue Hürde. DeFi beschreibt grundsätzlich ein Ökosystem, wo Dienstleistungen ohne jegliche Intermediäre bezogen werden können. Im Kontext Kryptotrading bedeutet dies beispielsweise, dass Kryptowährungen nicht mehr bei zentralisierten Börsen wie Kraken oder Coinbase gekauft werden, sondern der Kauf über Decentralized Exchanges wie Uniswap und somit komplett autonom durch Smart Contracts erstellt wird. Durch DeFi wird in Zukunft ebenfalls der Bereich Finanzieren stark verändert. Auf Platz 1 der zehn grössten DeFi-Lösungen (gemessen an dem Dollar-Wert der in den entsprechenden Lösungen verwahrt beziehungsweise geblockt ist) liegt Maker; sie bietet Kredite über Smart Contracts an. Aktuell verwaltet die Lösung Kredite im Wert von 15 Milliarden Dollar. Platz 2, Aave, hat bereits eine Lösung für institutionelle Kunden live, bei denen die Liquiditäts-Pools bereits Coins enthalten die AML-compliant sind. Somit werden auch hier die Weichen für einen schnellen Zufluss von weiteren regulierten Finanzakteuren gestellt.

Auch hier gibt es verschiedenste Möglichkeiten, wie sich Banken positionieren können. So kann sich die Bank als Gatekeeper in der Blockchain- und DeFi-Welt positionieren. Somit würde sie kein Geld durch die Vergabe der Liquidität verdienen, sondern eher als regulierte Zwischeninstanz agieren, die den Bankkunden einen einfachen Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten liefert. Darüber hinaus kann die Bank die Kreditverträge, die auf der Blockchain in Form von Smart Contracts entwickelt werden, ebenfalls erstellen und zertifizieren. Auch das Bereitstellen von Stable Coins durch eine Bank ist denkbar, bei denen das Fiat Geld eins zu eins zu einem tokenisierten Gegenstück generiert wird. Die Liste an Positionierungsmöglichkeiten ist sehr lang.

Bewahrheitet sich die vorgestellte Hypothese, so haben der traditionelle Finanzsektor und die Blockchain-Technologie Frieden gefunden und das Sprichwort, dass Gegensätze sich anziehen, bewahrheitet sich. Ob dem so ist, wird die Zukunft und auch die Innovations­fähigkeit der traditionellen Finanzakteure zeigen.

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