Studie

Das Marketing als Vorreiter für generative KI in Unternehmen

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von Rodolphe Koller und Yannick Chavanne und Übersetzung: Tanja Mettauer

Das Marketing hat gute Voraussetzungen, um als Vorreiter für generative KI zu fungieren und sich damit in der ­Organisation zu profilieren. Voraussetzung ist, dass man die Risiken bedenkt und über Experimente und Produktivitäts­steigerungen hinausgeht.

(Source: tete_escape - stock.adobe.com)
(Source: tete_escape - stock.adobe.com)

Generative KI etabliert sich immer mehr in Unternehmen, wie eine aktuelle Studie von McKinsey zeigt. Dazu befragte das Beratungsunternehmen 1684 Führungskräfte aus Unternehmen verschiedener Branchen und aller Grössenordnungen weltweit. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, zumindest bereits ein wenig mit generativer KI in Berührung gekommen zu sein, sei es beruflich oder privat.

Die häufigsten Verwendungszwecke

In Unternehmen werden GenAI-Tools am häufigsten von Vertriebs- und Marketingteams eingesetzt. Danach kommen die Bereiche Produkt- und/oder Dienstleistungsentwicklung, gefolgt von der Dienstleistungserbringung. Im Marketing/Vertrieb sind die häufigsten Anwendungen das Erstellen von Textentwürfen, personalisierten Marketingplänen und Zusammenfassungen von Textinhalten. Auf der Produkt-/Dienstleistungsseite wird GenAI bei der Ermittlung von Kundenbedürfnissen, bei ersten Entwürfen von technischen Dokumenten oder bei der Erstellung neuer Designs eingesetzt. Bei der Dienstleistungserbringung kommt generative KI etwa in Form von Chatbots zum Einsatz, um Trends oder Anomalien vorherzusagen oder Dokumentenentwürfe zu erstellen.

Nutzung von GenAI in Unternehmen nach Funktion

GenAI im Marketing

Laut aktuellen Berichten der Beratungsunternehmen BCG und Bain sind insbesondere Marketingabteilungen an diesen neuen Tools interessiert. Diese sind demnach prädestiniert, in den Unternehmen eine Vorreiterrolle einzunehmen. Analysten von Bain sind der Ansicht, dass GenAI, die kreative Aufgaben unterstützt und einen datengetriebenen Ansatz verfolgt, auch für B2C-Marketer interessant sein wird. BCG befragte 200 Marketingverantwortliche weltweit und kommt zu dem Schluss, dass 70 Prozent diese Tools bereits einsetzen, ihre ersten Erfahrungen positiv sind und dass sie in GenAI ein grosses Potenzial sehen.

Produktivitätssteigerung

Den Beratungsunternehmen zufolge liegen die vielversprechendsten Einsatzmöglichkeiten in der Inhaltserstellung, insbesondere von personalisierten Inhalten, welche die Kundinnen und Kunden stärker einbinden, und sie sehen die Vorteile vor allem in einer höheren Produktivität (plus 30 Prozent laut Schätzung von BCG). Mit generativer KI könnten Marketingfachleute qualitativ hochwertigere und vielfältigere Inhalte erstellen, die schneller und mit weniger Ressourcen erarbeitet werden.
Gemäss BCG sollten diese Produktivitäts- und Kreativitätsgewinne dazu genutzt werden, Talente, Personal und externe Partnerschaften zu optimieren. Bain empfiehlt hingegen, über die reine Effizienz hinauszugehen und generative KI zu nutzen, um neue Formen der Markenbindung mit dem Kunden als einzigen Orientierungspunkt zu entwickeln. 84 Prozent der von BCG befragten Marketingverantwortlichen sehen GenAI denn auch als eine Möglichkeit, neue Produkte oder Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Auswirkungen der Einführung von GenAI auf die Anzahl ­Mitarbeitenden nach Funktion, innerhalb von drei Jahren

Eine Chance für das Marketing

Bain und BCG weisen aber auch auf Risiken durch GenAI hin: Imageprobleme durch falsche oder verzerrte Inhalte oder Inhalte, die nicht dem Ton der Marke entsprechen, Urheberrechtsfragen, Datenlecks und Auswirkungen auf die Beschäftigung. Ihr Einsatz bringt also gleichzeitig neue Verantwortlichkeiten für das Marketing mit sich, einschliesslich der Wachsamkeit in Bezug auf ihre versteckte Nutzung (Shadow AI).
Für beide Beratungsunternehmen ist die Technologie jedoch in erster Linie eine Chance für Marketingverantwortliche. Laut Bain können Marketingverantwortliche zu Change Agents werden und dadurch neue Macht gewinnen. «Generative KI hat das Potenzial, nicht nur die Art und Weise, wie Unternehmen bestimmte Marketingaufgaben erledigen, zu revolutionieren, sondern auch die Rolle des Marketings als solche neu zu definieren», meint BCG. 71 Prozent der von BCG befragten Marketingverantwortlichen teilen diesen Optimismus. Nur ein Drittel von ihnen äussert Bedenken oder Gleichgültigkeit gegenüber dieser Technologie.

Glauben Sie, dass in Ihrer Organisation die Entwicklung und Anwendung von generativer KI im Marketing dazu  beitragen wird, ...

Schnell experimentieren, aber nicht nur

Angesichts dieser Risiken und Chancen raten die Beratungsunternehmen den Marketingverantwortlichen, nicht zu lange zu warten, die Technologie auszuprobieren. «Die Geschwindigkeit, mit der Unternehmen die Vorteile von GenAI-Tools nutzen, kann schnell zu einer Kluft zwischen Haben und Nicht-Haben in einem Sektor führen», warnt BCG. Bain zufolge werden «Pioniere bald von einem gesteigerten Marken­engagement, beschleunigtem Wachstum, Zeitersparnis, einem Vorteil bei der Talentakquise und reduzierten Kosten profitieren, während langsamere Wettbewerber zurückbleiben werden».

Wie sind Sie gegenüber den Auswirkungen von GenAI auf Ihre Arbeit in den kommenden Jahren eingestellt?

Die Berater fordern die Marketingverantwortlichen daher auf, sich schnell mit GenAI vertraut zu machen und Pilotprojekte durchzuführen, vor allem intern. Sie empfehlen aber auch, sich nicht nur auf solche Experimente zu beschränken, sondern, parallel an komplexeren und anspruchsvolleren Projekten zu arbeiten, welche die Kundendaten der Organisation einbeziehen. Zudem sollte eine Umgebung entwickelt werden, die eine Skalierung ermöglicht.


Quellen

  • The state of AI in 2023: Generative AI’s breakout year, McKinsey 2023
  • How CMOs Are Succeeding with ­Generative AI, BCG 2023
  • Ready for Launch: How Gen AI Is Already Trans­forming Marketing, Bain 2023
Webcode
MWR8nqiE