Partner-Post Experteninterview mit Michael Schachtner, Dentsu Creative DACH

"Wir erleben derzeit einen Wandel in der Definition von Kommunikationserfolg"

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Kommunikation, die an der Zielgruppe vorbeischiesst, ist wirkungslos. Weshalb kulturelle Relevanz für den Kommunikationserfolg essenziell ist und was es mit dem Ansatz der transformativen Kreativität auf sich hat, erklärt Michael Schachtner, Chief Creative Officer bei Dentsu Creative DACH.

Michael Schachtner, Chief Creative Officer, Dentsu Creative DACH. (Source: zVg)
Michael Schachtner, Chief Creative Officer, Dentsu Creative DACH. (Source: zVg)

Dentsu Creative ist 2022 entstanden und Teil eines grossen ­Kreativnetzwerks. Im April 2024 sind ausserdem Teile von Merkle und Videobeat zum Dentsu-Creative-Team dazugekommen. Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von der anderer Agenturen auf dem Markt? 

Michael Schachtner: In den vergangenen Jahren haben wir bei Dentsu unseren Anspruch deutlich erweitert: Wir streben danach, das "kreativste Unternehmen der Welt" zu werden. Unter der Marke Dentsu Creative haben wir in allen bedeutenden Märkten starke Teams aufgebaut. Ein bemerkenswerter Erfolg dieser Bestrebungen zeigte sich 2022 in Cannes, als wir zur "Agentur des Jahres" gekürt wurden. In Deutschland haben wir diesen Weg insbesondere durch die Integration der Berliner Agentur RCKT weitergeführt. Heute sind mehr als 200 Mitarbeitende an acht Standorten in der Schweiz, in Österreich und Deutschland tätig. Unser Ziel ist es, ein modernes, globales Kreativangebot zu schaffen, das sich durch einen starken Media-Hintergrund auszeichnet und unter dem Begriff "Transformative Creativity" zusammengefasst wird.

Sie nennen "transformative Kreativität" als Ihre treibende Kraft. Was meinen Sie genau damit, und wie spiegelt sich diese Kreativität in den Kundenkampagnen wider? 

Wir erleben derzeit einen Wandel der Definition von Kommunikationserfolg – weg vom "Share of Voice" hin zu einem "Share of Culture". Kreativität ist der Schlüssel zu diesem Erfolg. In einer zunehmend vernetzten und globalisierten Welt wird der Zeitgeist unablässig an unterschiedlichen Orten, innerhalb vielfältiger Zielgruppen und Communitys sowie über eine Vielzahl von Kanälen neu definiert. Marken sind erfolgreich, wenn sie diesen Zeitgeist in ihren kreativen Ansätzen präzise einfangen und mit ihren Kampagnen kulturelle Relevanz schaffen. Unsere Aufgabe als Kreative besteht darin, diesen "Share of Culture" zu erzeugen und dessen Wirkung messbar zu machen. Bei Dentsu Creative bezeichnen wir diesen Ansatz als "Transformative Creativity".

Dentsu Creative agiert international. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Kampagnen trotzdem von lokaler Relevanz sind?

Hier spielt der "Share of Culture" ebenfalls eine zentrale Rolle. Unsere kreative Herausforderung besteht darin, kanalübergreifend in verschiedenen Communitys Relevanz zu schaffen, wobei sich diese Communitys häufig durch ihre regionale Zugehörigkeit definieren. Unsere Aufgabe ist es, den regionalen Zeitgeist bestmöglich zu verstehen, authentisch zu interpretieren und daraus herausragende, lokal verankerte Ideen zu entwickeln. Globale Kampagnen funktionieren heute weniger denn je nach dem Prinzip "One-Fits-All". Der Erfolg hängt massgeblich davon ab, die Besonderheiten jedes Marktes zu erfassen und globale Ideen entsprechend anzupassen oder gegebenenfalls zu hinterfragen. Organisatorisch sind wir dafür mit unseren eigenständigen Dentsu-Creative-Teams in allen relevanten Märkten bestens aufgestellt.

Ihr Angebot umfasst unter anderem Branding, Content Creation oder Strategie. Worin sehen Sie die Stärken von Dentsu?

Als Dentsu Creative möchten wir zeigen, wie globale Kampagnen mit umfassenden Media-Investitionen durch kreative Exzellenz einen messbaren Impact erzielen können. Unsere Kunden erwarten von uns, das beste Set-up für eine weltweite Mediaplanung zu erhalten. Wir bauen auf unserer Stärke in diesem Bereich und verbinden Media-Exzellenz mit kreativer Exzellenz. Mit dieser Kombination positionieren wir uns im internationalen Wettbewerb sehr erfolgreich. 

Wie integrieren Sie technologische Trends wie KI in Ihre Kundenaufträge? Können Sie konkrete Beispiele nennen?

Für uns steht immer die Lösung des Kundenproblems im Vordergrund. Es geht nicht darum, KI um jeden Preis einzusetzen, sondern sie gezielt dort zu integrieren, wo sie einen echten Mehrwert bietet – und das tut sie bereits  vieler­orts. Im strategischen Bereich nutzen wir KI-Technologien, um Daten effizienter zu verarbeiten, kanalübergreifende Diskurse zu analysieren und ein präzises Bild davon zu erhalten, wie sich der Zeitgeist in einem bestimmten Moment und Kontext darstellt. Auch in der Produktion hilft uns KI bei Formatadaptionen und bei Übersetzungen, insbesondere bei globalen Kampagnen. Darüber hinaus kann und wird KI natürlich auch ein integraler Bestandteil der kreativen Lösungen selbst sein.

Wie gehen Sie bei der Entwicklung einer Kampagne vor – von der ersten Idee über die Entwicklung der Strategie bis hin zur Umsetzung? 

Die grundlegenden Abläufe bei der Kampagnenentwicklung haben sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Zunächst setzen wir uns intensiv mit der Problemstellung des Kunden auseinander, bevor wir kreative Lösungen erarbeiten. Im digitalen Zeitalter hat sich unsere Perspektive dahingehend verschoben, dass wir noch stärker aus der Sicht der Zielgruppen denken. Heute ist es zudem entscheidend, den Zeitgeist präzise zu erfassen und kanalübergreifende Trends für die Kampagne nutzbar zu machen. Der Bereich Strategie und Research ist heute umfangreicher denn je. Hier spielt Technologie, insbesondere KI, eine zentrale Rolle, um diese Herausforderungen effizient zu bewältigen und die optimalen Voraussetzungen für gute Kreation zu schaffen. 

Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine erfolgreiche Kunden­beziehung aus und wie stellen Sie sicher, dass langfristige Partnerschaften entstehen? 

Eine erfolgreiche Kundenbeziehung basiert auf gegenseitigem Vertrauen und der gemeinsamen Verwirklichung von Zielen. Auch unsere Kunden stehen in Zeiten von Veränderungen und Umbrüchen vor komplexen Herausforderungen. In diesem Kontext ist es entscheidend, den Wandel gemeinsam mit ihnen wirksam zu gestalten und kontinuierlich messbare Erfolge zu liefern. So schaffen wir die Basis für langfristige Partnerschaften. 

Wie messen Sie den Erfolg einer Kundenkampagne? 

Das ist natürlich abhängig von der individuellen Zielsetzung, die im Briefing definiert wird. Jedes Problem hat seine eigenen Erfolgskriterien, die wir zur Bewertung der Qualität der Lösung heranziehen. Dazu zählen häufig klassische KPIs, von Reichweite bis hin zu Brand Trust. Mit unserem Konzept des "Share of Culture" führen wir ein neues Erfolgskriterium ein, das es uns ermöglicht, den Impact von Kreativität messbar zu machen. Die zentrale Frage lautet dabei: Wie stark sind Kampagnen und damit unsere Kunden Teil des Zeitgeistes, insbesondere im Vergleich zum Wettbewerb?

Wie helfen Sie Ihren Kunden, eine negative Medienbericht­erstattung zu bewältigen? 

Wir sind zwar keine Agentur für Krisenkommunikation, bieten jedoch unseren Kunden insbesondere im Bereich Social Media Tools und Infrastruktur an, um Debatten und Strömungen frühzeitig zu identifizieren und entsprechend darauf zu reagieren. So können wir von Beginn an Szenarien identifizieren, die im Rahmen der Kommunikation relevant werden könnten, und unsere Kunden bei der Vorbereitung unterstützen. 

Welche technologischen Trends und Marktentwicklungen sehen Sie in der Marketing- und Kommunikationsbranche und wie werden sich diese auf Ihre Arbeit auswirken? 

In den vergangenen Jahren hat KI zu einer signifikanten Effizienzsteigerung in den Arbeitsprozessen von Agenturen geführt. Der Markt ist hier bereits relativ weit entwickelt und wir können von der Strategie über die Konzep­tion bis hin zur Kreation mit einer Vielzahl von KI-Tools Aufgaben besser und effizienter bewältigen. Die aktuelle Herausforderung liegt darin, KI gezielt zur Qualitätssteigerung in der Kreation einzusetzen. Es gibt bereits internationale Kampagnen, die in diesem Bereich interessante Ergebnisse erzielt haben. Wir befinden uns in einer historischen Phase, in der die Kreativ- und Tech-Szene so eng zusammenrückt wie vielleicht noch nie zuvor. 


Zur Person

Michael Schachtner ist Chief Creative Officer bei Dentsu Creative für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er ist verantwortlich für den Ausbau der Agentur und ihre kreative Reputation. Zuvor leitete er als Executive Crea­tive Director bei 360i New York erfolgreiche Kampagnen für Marken wie OREO, 7-Eleven und Truly. In seiner Kar­riere hatte er führende Kreativ-­Positionen bei Agenturen wie BBDO Berlin, Heimat Berlin, Saatchi & Saatchi New York, Y&R New York sowie BBH New York inne.

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