Focus: Fachkräftemangel

KI hilft bei der Suche nach Fachkräften, wird den Recruiter aber nicht ersetzen

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von Carsten Mengel, Recruiting-Spezialist, CNT Management Consulting

Der Fachkräftemangel bereitet vielen Schweizer KMUs Sorgen. Indem sich Betriebe für gewisse Aufgaben künstliche ­Intelligenz zunutze machen, haben Personalverantwortliche mehr Ressourcen für die entscheidende, zwischenmenschliche Ebene. Im Auswahlprozess bleiben Menschen unverzichtbar.

Carsten Mengel Recruiting-Spezialist, CNT Management Consulting. (Source: zVg)
Carsten Mengel Recruiting-Spezialist, CNT Management Consulting. (Source: zVg)

Der Fachkräftemangel ist im Schweizer Mittelstand angekommen. Das zeigt ein Blick auf die Erkenntnisse der KMU Mittelstandstudie 2023, in der jedes zweite befragte KMU (51 Prozent) den Zugang zu Fachkräften beziehungsweise zu Personal als eines der grössten Konjunkturrisiken einstuft (Mehrfachnennungen waren möglich). 2022 sahen weniger Befragte, nämlich 44 Prozent, den Personalmarkt als derart bedenklich an, 2021 waren es sogar nur 24 Prozent. Fakt ist: Wir haben derzeit einen Arbeitnehmermarkt, insbesondere in der IT können sich qualifizierte Personen ihren Job aussuchen. KMUs müssen sich also die Frage stellen, wie sie es schaffen, aus dem vorhandenen Fachkräfte-Pool eine ausreichende Anzahl an möglichst geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für sich zu gewinnen. Dabei ist es sinnvoll, nicht nur auf Stellenausschreibungen zu setzen, sondern Kandidatinnen und Kandidaten ebenso über die direkte Ansprache auf Basis ihrer Profile auf relevanten Plattformen zu generieren. 

KI für Texte nutzen, aber Vorsicht beim Auswahlprozess 

KI hat das Potenzial, KMUs im Recruiting zu unterstützen. Sinnvolle Anwendungsbeispiele sind etwa das Verfassen von Texten für Stellenausschreibungen oder von persönlichen Nachrichten für potenzielle Interessenten auf Plattformen. Ebenso kann KI Vorschläge für Plattform-Profile machen, die Unternehmen gezielt kontaktieren können. Schafft es KI, Informationen einfacher und zügiger zugänglich zu machen, und nimmt sie Menschen Arbeit wie das Verfassen von Texten ab (oder liefert zumindest einen brauchbaren Vorschlag, der dann nur noch verfeinert werden muss), so bringt sie Mehrwert. Aufpassen sollten Verantwortliche jedoch beim Einsatz von KI beim Auswahlprozess, beziehungsweise sollte dieser nicht komplett der KI überlassen werden. Denn erstens besteht eine Bias-Gefahr, womit die KI-Nutzung zu fehlerhaften Ergebnissen führt. Zweitens stellt es ein Risiko dar, dass aufgrund zu starrer Ausschlusskriterien interessante Personen vom Radar der Recruiter verschwinden könnten. Ein einfaches Beispiel dafür: Für eine Firma ist es prinzipiell ein Ausschlussgrund, wenn jemand keinen Führerschein besitzt. Nun könnte es jedoch sein, dass das Profil eines Kandidaten oder einer Kandidatin so spannend für ein Unternehmen ist, dass anlassbezogen entschieden wird, darüber doch hinwegzusehen und der Person den Erwerb des Führerscheins zu finanzieren, so sie daran interessiert ist. Wurde das Merkmal «kein Führerschein» durch KI aber ausgegrenzt, kommt es nie dazu, dass HR-Verantwortliche die Chance erhalten, sich aufgrund menschlicher Abwägungen mit solchen Themen zu befassen.  

KI und Recruiter gehen Hand in Hand 

Um optimale Recruiting-Ergebnisse zu erzielen, braucht es seitens der KMUs die Offenheit für KI dort, wo sie Menschen Arbeit abnimmt und Dinge beschleunigt. So haben Recruiter mehr Zeit dafür, sich mit Personen zu beschäftigen und Soft Skills zu pflegen – was KI nicht leisten kann. Das Zusammenspiel zwischen Mensch und KI sorgt für einen effizienten Umgang mit Ressourcen und die bestmögliche Datenbasis hinsichtlich interessanter Jobkandidatinnen und -kandidaten, ohne den persönlichen Aspekt dabei aus den Augen zu verlieren.

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